*.txt

14
Sep
2015

Jujukinkai

Sie wusste, wie es endet. Sie wusste es genau. Auch dass es endet und dass mit dem Ende auch wieder die Sehnsucht beginnt. Dass es nur eine kurze Ewigkeit lang sich unendlich anfühlte, zwischen vor dem Gipfel und nach dem Gipfel. Sie wusste auch, dass es seinen Preis kostete und dass man, dass sie im Grunde einsam dabei war. In dem Moment. Vorher und nachher war sie oft nicht allein. Sie genoss das gemeinsame Kribbeln der Vorfreude, das Einander-Aufstacheln, das Lachen, Scherzen, das Verscheuchen der Angst. Angst wovor? Schaden zu nehmen, Schande zu erfahren, nicht richtig verboten, nicht richtig erlaubt. Angst vor dem Glück, dem Anders, dem Zustand und der Sehnsucht nach Ewigkeit, nach mehr. Losgelassen. Schwindlig. Angst sich schmutzig zu machen, das Gewand zu zerreißen, das Gesicht, den Verstand, den Boden unter den Füßen, die Kraft der Sinne zu verlieren. Angst vor der Gier nach mehr.

Und obwohl und weil sie wusste, wie es endet, streckte sie die Arme ganz weit aus. Damals in der Blumenwiese. Es muss eine Blumenwiese gewesen sein. Oder eine weiße Schneedecke. Zuerst in die eine Richtung und dann Schwung holen und in die andere Richtung. Viel Schwung und drehen, drehen, drehen, kleine Schritte mit den Füßen, die Arme ganz weit ausstrecken, vielleicht den Kopf in den Nacken legen, oben ist die Sonne, tanzen die Schneeflocken. Bis sie hinfällt in die blühende Wiese, in den weichen Schnee. Und oben dreht sich der Himmel. Die Arme ganz weit ausstrecken. Ihr ist schwindlig. Irgendwo weit hinten mahnt die Mutter, die Grasflecken, der kalte Schnee.

Oder über das Laub hinunterrollen auf Südtiroler Hängen, der feuchte Geruch und endlich der schöne Schwindel. Rundumrundumrundumrundum. Lachen. Atemlos. Laubbedeckt. Herbstglückseligkeit. Purzelbäume über Gartenlängen. Und Räderschlagen. Bitte Onkel Günther lass mich fliegen – Runde um Runde im Kreis bis wir beide nicht mehr können. Bis sie schwindelt. Schaukeln und Kettenkarussell. Eiskalt Duschen bis ihr die Luft weg bleibt und das Hirn. Den Kopf verlieren, lachen. Kein Boden unter den Füßen. Alles wolkenwattigweich. Ein wenig liegen, nichts denken oder alles. Und oben dreht sich der Himmel.

Damals war sie Kind.

2015-09-01-19-10-26

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, . Danke Dominik für das zwölfte Wort. .
2827 mal erzählt

13
Aug
2015

Ferragosto

Da saß sie am Montag, Nachmittags gegen vier, allein mit einem Glas Wien. Es war heiß - Ferragosto.. „Man könnte mich für eine Trinkerin halten“, dachte sie und dass es ihr egal war, wofür man sie hielt. Sie trank. Einen Schluck. Der Chardonnay war gut, vielleicht die Spur zu warm. Sie hätte um einen Eiswürfel bitten können. Die Kellner hatten ohnehin nichts zu tun. Sie standen in der Hitze herum. Wozu? Sie trank nun einen Schluck vom Wasser. Auch zu warm. So saß sie da und sah auf den Weg, der das Lokal vom Gastgarten trennte. Sah den Kellnern bei ihren kleinen Streitereien zu. Sah kaum jemanden vorbeigehen – Ferragosto. Die Stadt schien ausgestorben. Die wenigen, die nicht auf Urlaub waren, saßen auf ihren klimatisierten Arbeitsplätzen oder waren in die Bäder geflüchtet. Früher war sie gerne geschwommen. Sie war schon lange nicht mehr im Bad gewesen – sie war schon lange nicht mehr geschwommen. Schade. Aber auch auf der Flucht. Selbst in der komplett verdunkelten Wohnung war die Hitze unerträglich. Sie konnte nicht schlafen. Sie hatte sich geduscht, angezogen, geschwitzt und war hierher gegangen. Und da saß sie. Es war heiß, zu heiß. Links, einen Rösselsprung von ihr entfernt, saß ein einsamer alter Mann. Vor sich ein Bier. Vielleicht trank er. Das dachten die Leute wohl, ein einsamer alter Mann, eine einsame alte Frau, es ist heiß und sie trinken. Er hatte gegessen. Das hatte sie auch kurz überlegt, aber sie hatte keinen Appetit, auf nichts. Er wirkte ungepflegt. Sie hatte sich in Schale geworfen, die weiße Bluse, der Leinenrock, der eine Handbreit über dem Knie endete, sogar Lippenstift, für wen? Ferragosto. Ein Mädchen tanzte vorbei. Sie bemerkte sie kaum, bis sie den Wortwechsel zwischen einer jungen Frau und dem frechsten der Kellner rechts hinter sich vernahm. Es musste die sein mit dem Rehkopftattoo, das zwischen ihren Brüsten hervorgelugt hatte, als sie am Weg vom Klo an ihr vorbeiging, der alten Frau, die allein trank und vor sich hin starrte. Sie drehte sich nicht um, sie musste nicht wissen mit wem der Kellner stritt, sie wollte nichts wissen, sie hörte wieder auf zu hören. Sie erschrak daher, als der netteste der Kellner sie fragte, ob sie noch etwas bekäme. „Ein Eiskaffee, bitte“, hörte sie sich sagen. Sie blieb noch sitzen. Der alte Mann schien ein Rätsel zu lösen. „Fränkischer Hausflur“. Früher hatte sie gerne Rätsel gelöst. Aber irgendwann….ihre Großmutter hat Patiencen gelegt. Sie könnte nach Hause gehen, sie könnte gehen, wenn sie aufstehen könnte, sich aufraffen. Und Patiencen legen oder Solitaire spielen, wie es heute heißt, am Computer. Aber sie saß hier in der Hitze und der Eiskaffee schmolz. Gäste kamen und gingen. Unendlich langsam. Nur der alte Mann und sie. Sein Haar war schütter und zu lang. Ungepflegt. So ging sie nicht aus dem Haus. Oft. Meistens. Weil sie nicht aus dem Haus ging. Aber jetzt war sie da und trank den Eiskaffee, der viel zu süß war und mit Schlagobers, das sie nicht mochte. Sie hätte was sagen können. Aber sie hatte ja nicht einmal den Eiskaffee gewollt und ihn trotzdem bestellt. Was wollte sie noch? Oder nicht? Sie könnte mit dem Mann sprechen. Früher hatte sie oft mit Fremden gesprochen. Sie könnte auch den Kellner rufen, sie könnte zahlen und noch eine Runde durch den Campus gehen, das alte AKH. Sie kannte es auch noch als Krankenhaus. Schon damals saßen alte Menschen hier und starrten. Sicher, sie hätte ein Buch mitnehmen können. Und so tun, als würde sie lesen. Aber welches? Sie hatte zu viele Bücher gelesen. Was könnte noch lesenswert sein – oder wieder? Neue Gäste waren gekommen. Laute Menschen. Nicht zuhören, nicht hinhören, aufhören. Es war heiß. Es war zu hell. Sie hätte eine Sonnenbrille nehmen können, wegen der Falten und den Augen, die man darunter nicht sieht. Sie hatte nicht daran gedacht und wusste auch nicht mehr, wo ihre Sonnenbrille war. Ein Schluck Wasser. Den Eiskaffee würde sie stehen lassen. Den Kellner um die Rechnung bitten. Sie würde ihm Trinkgeld geben, er war nett gewesen. Vielleicht würde sie den alten Mann noch einmal ansehen, bevor sie ging. Wozu noch länger hierbleiben? Es war viel zu heiß – Ferragosto. Ja, das würde sie machen - später dann. Gehen. Bald. Sie fasst nur so furchtbar Schwer_Mut.

2015-08-08-19-55-36

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das elfte Wort - danke Dominik, für die stete Inspiration./
4165 mal erzählt

27
Jul
2015

Zum Glück

Das Glück ist mir hold. Wir verbringen immer mehr Zeit miteinander - zum Glück. Es wohnt bei mir, hat es sich gemütlich eingerichtet, lichtdurchströmt. Es hat Bilder aufgehängt, es hat Möbel mitgebracht und Bücher, viele Bücher. Auch Schallplatten. Alles trägt auch die Spuren der alten WG. Lange hatte das Glück dort das hintere Zimmer: klein, aber mit dem Fenster mit der wundervollsten Aussicht, still, ein wenig abgelegen, versteckt fast, höchstens Platz für Zwei zur selben Zeit, übernachten war schon schwieriger.

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Einst war es ein Kinderzimmer, erfüllt von Träumen und Geschichten, Versteck und Höhle. Das Glück lag dort auf dem Bett mit den Büchern und dem Radio. Das Glück war stolz auf den Pokal, den es auf dem Rücken der Pferde ersprungen hatte, das höchste der Erde. Und manchmal tollte es über die Felder und erkundete Wälder, Bäche und Ameisen. Zuhause verlor es sich in Teppichmustern und Schallplatten, in Lyrik und Romanen, die es mit dem Unglück geschwisterlich teilte. Draußen vor der Türe, die das Glück nicht absperren konnte, war die Welt, die Räume gehörten den Eltern, ihrem Glück, ihrem Unglück, ihrer Angst, ihrer Sehnsucht, ihrer Wohngemeinschaft.

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Später zog das Glück ins Erdgeschoss, es schlief und schlief bei im Messingbett. Das Glück tanzte allein und zu zweien zu lauter Musik, vertiefte sich in Lyrics und Literatur, Theater und Tequila. Oh ja, das Glück trinkt, manchmal säuft es geradezu und das Glück kifft und stellt alles Mögliche an. Nachts streunte es durch die Stadt, es teilte mit Fremden - zum Glück ist es immer gut gegangen. Vielleicht war es wegen der Angst. Die hatte damals das größte Zimmer in der WG, wollte man zum Glück, kam man nicht an ihr vorbei. Die Unsicherheit lungerte in der Küche herum, immer ein Gläschen bereit. Und die Traurigkeit, der schwarze Hund, der durch die Räume schlich, seinen brünftigen Gestank verbreitet und Erinnerungen annagte. Manchmal hatte das Glück das Gefühl nicht mehr gehört zu werden, nicht gesehen zu werden. Es leistet seinen Beitrag, schwang sich immer wieder auf, nur um von den anderen überstimmt zu werden.

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Es war selten daheim, viel unterwegs und immer auf der Suche nach Verbündeten; es war hungrig, es wollte sich teilen und das gelang ihm immer besser. Am Liebsten zu mehrt, so dass es die alte Angst in der Ecke vergaß oder erst spät bemerkte. Das Glück feierte: die Liebe, das Leben, es reiste, bestieg Vulkane, schaute Steine. Und es arbeitete, an sich, mit anderen, für andere. Es schwieg, blickte in die Vergangenheit, wechselte Perspektiven, hörte zu, sah zu, spürte und kam mehr und mehr im Augenblick an. Und die Tränen waren wie Vergrößerungsgläser. Es wurde selbst bewusster, selbst erfahrener. Verlangte mehr Platz, trat für seine Anliegen ein.

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Die anderen in der WG begannen zu kämpfen, das Unglück verlangte seinen angestammten Platz zurück und warf der Angst vor, ihm keine Hilfe mehr zu sein. Es lud den Zweifel ein und die Einsamkeit, den Zorn, die Wut. Sie feierten wilde, selbstzerstörerische Parties, der Schmerz grölend mittendrin. Der Tod ging vorbei und geliebte Menschen, mit denen das Glück am Tisch gesessen war, die es genährt, willkommen geheißen hatten, gingen mit ihm. „Man spürt selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war“, schrieb Françoise Sagan. Das Glück zog sich zurück in seinen Schildkrötenpanzer, aber selbst dort musste es sich die Ohren zuhalten und Namuamidabu singen.

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Und irgendwann habe ich das Glück wieder ernst genommen, habe aufgehört auf den Panzer zu klopfen, es zu rufen, zu fluchen, zu betteln. Irgendwann bin ich endlich still geworden, hab das Glück eingepackt und mich mit ihm in die Sonne gesetzt. Auch da habe ich es immer wieder übertreiben, hab es zu viel herumgeschleppt, es versucht plappernd aus seinem Versteck zu locken, es wild umtanzt. Nach und nach hat es immer öfter und weiter seinen Kopf herausgesteckt, seine Beinchen, das kecke Schwänzchen. Und länger und länger blieb es heraußen, selbst, wenn es regnete oder die Luft verraucht war. Eines Abends kamen wir heim und lüfteten.

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Es war nicht leicht, die Fenster klemmten. Das Glück ist keine große Hilfe beim Großputz. Es vertieft sich in Kleinigkeiten, an denen es hängt, die es glaubt zum Leben zu brauchen und doch fünf Minuten später wieder vergessen hat. Nie bleibt es an einem Platz, wenn es ums Aufräumen geht, ganz abgesehen davon, dass es meistens soundso erst Stunden, Tage später kommt. Aber irgendwann einmal war es geschafft und das Glück sprang beim einen Fenster hinaus und flog beim anderen wieder herein. Gottseidank wollte die Wut – wie so oft – nicht wirklich mitarbeiten und so hat nur der Schmerz ein paar Gläser zerbrochen. Wo war die Angst, damals?

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„Das Glück is a Vogerl“, heißt es im Wienerlied und es fliegt mit mir, mit uns. Es pfeift uns Liebeslieder am Vorderdeck und anderswo. Es flattert durch den Salon und folgt uns nach Süden und Norden, mal Adler, mal Uhu, mal Gassenspatz, mal Papagei, mal Kakapo. Und weil der alte Schildkrötenpanzer ihm beim Fliegen ständig im Weg war, hat es ihn oben auf den Schrank geräumt, wahrscheinlich passte es gar nicht mehr rein, so fett war es geworden. Letztes Jahr war es auch bei mir, der Gänsemagd, das Glück. Es hat mit dem Tod der Angst und der Sehnsucht, mit meiner Mutter, mit mir, mein Elternhaus bewohnt. Es hat mir die geheimen Orte von einst gezeigt, die Freude an Kleinigkeiten. An den Wochenenden ist es aufgeblüht. Es hat mich nicht verlassen, auch nicht am Ende.

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Zum Beispiel gestern. Da traf ich, trafen wir, das Glück erst auf der Jesuitenwiese, 16 Kinder und eine Mutter im Schlepptau, mitgenommen aus einem Asylheim in der Nähe unseres Grätzels. Drei vier verschiedene Nationen, die Kommunikation, ja selbst das Namen merken im internationalen Sprachengewirr schier unmöglich. Nur lachen, lachen können wir von Anfang an gemeinsam. Ein bisschen Glück wollen wir den Kindern schenken, Bälle und Naschereien und Spiele und Menschen, die sich mit ihnen freuen. Viele sind hier, weil sie die Hetze in den sozialen Medien satt haben und wissen, dass nur Handeln vor der Hilflosigkeit und Fassungslosigkeit, die sie wie mich angesichts der brutalen Wortgefechte bedrängt, rettet. Drei Stunden Nachmittag, ein paar Namen habe ich mir doch gemerkt und wieder einmal begriffen, wie viel Glück ich habe, auch dass ich helfen darf und kann. Und dann noch Freitag, im Wohnzimmer des Glücks, der Chapel of Soul, beim Erstgeborenen mit in „Erdöl gegossener Liebe.“ Das Glück ist mir wahrlich hold.

2015-07-21-20-04-15

So viel Glück ist mir beschieden. Allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel…


Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das zehnte Wort
1508 mal erzählt

15
Jul
2015

Nackt

Sie fühlte sich nackt,
denn er war ausgezogen.
Es war ein Fakt:
Er hatte sie belogen.

Sie trug ihr Hüllenlos
Wie ein Abendkleid,
Am Ende blieb ihr bloß
Des Abends Leid.

Bis sie dem nackten Leben
Ganz plötzlich voller Lust
Sich wieder hingegeben:
Nackt und selbstbewusst.

Sie braucht sich nicht verkleiden,
sie braucht auch kein Kostüm.
Sie braucht auch nicht mehr leiden,
sie lebt jetzt ungestüm.

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Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das neunte Wort
1277 mal erzählt

11
Jun
2015

Zum Thema Acht schon was gem8

Und daher wird jetzt prompt recycled:

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zumProjekt *.txt das achte Wort.
1420 mal erzählt

18
Mai
2015

Es ist nicht alles Gold….

Ein bisschen Gold bitte - kann auch ein wenig mehr sein.
Ein wenig Glanz bitte - an den richtigen Stellen.
Drama nicht vergessen bitte - zur Not im Haar.
Und große blitzende Augen bitte – die alles verstehen.
Und einen strahlenden Mund bitte – Lächeln inklusive.
Die zu selten getragene Bluse, die den Blick auf die rechte Brust erlaubt.
Der geliebte lange Rock, der den Hintern schwingen lässt.
Die Lieblingsstiefelchen, die in der langen Nacht nicht schmerzen.
Den Goldjungen an der Seite, dessen Lächeln alles gülden färbt.
Ein goldenes Herz serviert im Dienst der guten Sache –
Auch Gold ist ein kaltes Metall, sagte einst der Bürgermeister,
der den ersten Lifeball ermöglichte.
So bin ich zum Ball geschritten – Ver Sacrum.
So haben wir gewerkt, die goldigen jungen Menschen und ich.
Ein bisschen Glitzer abstauben, selbst ein wenig funkeln,
ein Blick hinter die Fassade, da oder dort.
Hinter meiner Fassade schlug ein pochendes Herz,
lebensgierig, in Gedanken an jene Menschen,
die ich so schätze und liebe,
deren Leben in Gefahr ist,
deren Herz bang,
weiches Gold.
Leben.
Jeden Augenblick.
vor
und
hinter
der
Fassade…..

2015-05-16-18-47-561

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das siebte Wort ...Danke, Neon Wilderness....
2011 mal erzählt

27
Apr
2015

Meins

Es ist dein Leben, dein Lieben, dein Lachen.
Es ist dein Herz, deine Hoffnung, dein Hass.
Es sind deine Tränen, deine Ängste, deine Alpträume.
Es ist dein Morgen, dein Erwachen, deine Sonne.
Es ist dein Gestern, dein Erwachsen, dein Mond.
Es ist dein Haus, dein Garten, deine Familie.
Es waren dein Vater und deine Mutter, deine Großeltern und deren Eltern, deine Ahnen.

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Es ist dein Erbe: Ihre Gene, ihr Aussehen, ihr Charakter, ihre Werte, ihre Pläne, ihre Hoffnungen, ihre Sehnsüchte, ihr Schmerz, ihre Lebenseinstellung, ihr Vermögen, ihr Leben, ihre Liebe, ihre Verzweiflung, ihre Freude, ihre Erfahrung, ihr Tod.

Es ist mein Leben, mein Lieben, mein Lachen.

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das sechste Wort.
1523 mal erzählt

7
Apr
2015

ZuGleich

Gleich wollte sie leben.
Jetzt gleich.
Gleich wollte sie leben.
Schon erlesen belesen.
Gleich wollte sie leben,
Kaum erfahren in Gefahren.
Gleich wollte sie leben.
Bereit und noch nicht vorbereitet.
Gleich wollte sie leben.
Mit allen Sinnen den Verstand verlieren.
Gleich wollte sie leben.
Stadt, Land, Berg, Tal, Liebe, Hass durchschreiten.
Gleich wollte sie Leben.
Und doch ganz anders sein als alle anderen.

2015-02-05-10-28-01

Kommst du?
Gleich…..



Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das fünfte Wort: gleich
1538 mal erzählt

16
Mrz
2015

Das Bild

Sie stand schon viel zu lange vor dem halb fertigen Bild. Es ärgert sie, dass es nicht fertig war, es ärgerten sie die Fehler in der Perspektive und im Strich. Da oder dort war die Farbe verwischt, schlampig gearbeitet, mit dem Handballen wahrscheinlich. Schade um das schöne Papier, das teure schwere.

Das Papier hatte der Maler mitgebracht. Und die schönen Farben, teure Wasserfarben, was heißt Wasserfarben, Aquarellfarben. Und den dicken weichen Rundbleistift, dessen Striche fast wie Kohle waren. Und Kohle. Und das Papier. Immer wieder kam er zum Mittagessen und inspizierte seine Bilder, die im Haus hingen. Schöne Bilder, auch das Kind mochte sie. Der kleine, dicke Maler mochte das Kind vielleicht. Sogar, wenn es sich altklug in die Gespräche über die griechische Mythologie einmischte, Orpheus, der Minotaurus. Bei Milzschnittensuppe, Buchteln und Gröstel, sprach der Maler von seiner Mutter, der viel Geliebten, der er eine Kapelle errichtete. Reiterin sei sie gewesen, wie das Kind. Irgendwie sabberte er, war schmutzig, er war eklig, aber ein großer Künstler. Viel geschätzt und fast wie ein Freund der Familie, der dem Kind Talent attestierte und Malsachen brachte – keine neuen, gebraucht vom großen Künstler. Das Kind mochte ihn nicht.

Ein Schloss war im Hintergrund und ein Teich rechts vorne. Daneben stand der gestiefelte Kater. Oder hätte stehen sollen. Und da war dieser Weg – ungelenk und seltsam koloriert. Und vor allem unfertig. Wie lange lag es da herum, Tage, Stunden, liegen gelassen, vergessen, weil etwas anderes interessanter war, weil immer etwas anderes interessanter ist. Einfach so, halb trocken und verschmiert und unfertig. Das schöne Papier, die schönen Farben. Sie breitete das Packpapier aus und bettete das Bild darauf, behutsam, damit sie das Bild in ihrem Kopf nicht verlor. Niemand hatte ihre Bilder je gelobt, niemand hatte sie gesehen. Nur die Malerinnen und Maler verstanden sie, weil sie sie verstand. Künstlerseelen, verletzt. Aber jetzt würde sie das Bild zu Ende malen und es würde wunderschön werden.

Die Pinsel waren verklebt und sie musste sie erst unter fließendem Wasser spülen, Der Becher auch, auch ihn reinigte sie sorgfältig und sah zu, wie sich die wenigen Farbpartikel, die im grauen Mischmasch waren, endgültig verschwommen, der Schmutz floss ab. Sie ging noch einmal in den Keller, um den Farbkasten zu holen und reinigte die Palette sorgfältig. Vorsichtig wischte sie über jedes einzelne Farbkästchen hinweg, alles verschmiert. Sie stellte die Ordnung wieder her.

Sie stellte die Ordnung wieder her, verpasste dem Weg mehr Kontur, dem See mehr Tiefe und einen kleinen Schilfgürtel. Und ganz vorne im Bild, stand der gestiefelte Kater. Gerne hätte sie radiert, doch sie verbat es sich. Das Bild war fertig und sehr nahe an dem, das sie im Kopf hatte. Das Kind würde sich freuen, sie haben gemeinsam ein Bild gemalt und vielleicht könnten sie es beide dem maler als Bild des Kindes unterjubeln. Oder öfter gemeinsam malen. Wenn das Kind nicht immer so schlampig wäre und zumindest die Fingerabdrücke am Rand durfte sie wegradieren. Die schönen Farben, das gute, schwere Paper. Das Kind würde staunen…

„Mama, Mama, hast du mein Bild fertig gemalt? Warst du das? Mama, das war mein Bild! Mama ich hasse dich!

2015-03-16-15-50-42

Tut mir leid Mama, es war mein Bild. Du hast so schön gemalt. Es war mein Bild.“


Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das vierte Wort Bild
1487 mal erzählt

24
Feb
2015

Abgrundtief

Man müsste fliegen können.
Und tauchen.

Da gibt es diese Momente am Rande des Abgrunds, wo man fliegen können möchte. Sich einfach abstoßen und losfliegen, die Arme ausgebreitet, der Sonne, den Sternen entgegen; sich wie ein Albatros von den warmen Luftströmungen tragen lassen; Reiten und Gleiten mit und auf dem Wind und manchmal die mächtigen Schwingen bewegen, um dem Flug eine andere Richtung zu verleihen.

Nur nicht daran denken, dass man ja nicht fliegen kann, dass man wie Ikarus abstürzen wird, sobald man erkennt, dass das, was man tut unmöglich ist, vermessen sogar. Denn dieser Gedanke lässt einen sofort trudeln und fallen, verzweifelt rudert man mit den Gliedmaßen, schreit, ringt nach Luft. Und fällt, fällt, fällt.

Besser ist es da doch einzutauchen, den Flug in einen Sprung zu wandeln. Wie schön die Klippen, eine Möwe fliegt vorbei und irgendwo dort unten glitzert die Sonne am glasklaren Wasser.

Jetzt nur nicht das Vertrauen verlieren, sich nicht verspannen, verkrampfen. Dann könnte es nämlich passieren, dass man an der Wasseroberfläche zerschellt oder zumindest jede Menge blaue Flecken und Blessuren davon trägt.

Da ist es doch viel besser, die Arme nach vorne auszustrecken, zum Pfeil zu werden, der sich ins Wasser gleitend in einen Delfin verwandelt und einfach weiter zu tauchen der Sonne, den Sternen entgegen dort unten am Grund. Schwerelos.

So fühlt sie sich an, die abgrundtiefe Liebe.

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Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum fulminanten Projekt *.txt, das dritte Wort holte mich an Bord, Danke Dominik.
– und danke an Madame La Mamme und RP für die Kopfwäsche….im Schreiben bleiben…
1591 mal erzählt
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Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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Wenn ich schon geahnt...
dass ich an jenem Zuhause angekommen bin. Ich liebe...
katiza - 22. Feb, 15:42
Alle Kraft für ihn!
Alle Kraft für ihn!
froggblog - 10. Sep, 11:46
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datja - 18. Jul, 18:34
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Lieber Yogi, ein bisschen frivol der Geburtstagsgruß...und...
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