Mock Turtle (Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished) : Rubrik:*.txt
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Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished
katiza
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2016-07-05T12:09:18Z
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1
2000-01-01T00:00:00Z
Mock Turtle
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Der Panther
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In der U6, Wien<br />
<br />
Am Bahnsteig der U6 Alser Straße. Die U-Bahn fährt ein. Viele Menschen, einer fällt mir auf. Es sind die Augen, blaugrün mit stecknadelgroßen Pupillen. Niemanden scheint er wahrzunehmen, als er mit mir die einfahrende U-Bahn betritt. Ich kann meine Augen nicht von ihm lösen, von seinem Blick. Er bemerkt mich nicht, niemanden.<br />
<br />
<i>Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe <br />
so müd geworden, daß er nichts mehr hält. <br />
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe <br />
und hinter tausend Stäben keine Welt. </i><br />
<br />
Ein magerer Junge. Hübsch, denke ich. Er trägt ein Muskelshirt, weiß, ziemlich weiß. Sein zäher Körper zeichnet sich darunter ab, er hat keine Tattoos. Armbänder trägt er. Er bewegt sich Katzenartig geschmeidig durch die Menschen, kommt niemandem zu nahe und streift nicht an. Er wirkt trainiert.<br />
<i><br />
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, <br />
der sich im allerkleinsten Kreise dreht, <br />
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, <br />
in der betäubt ein großer Wille steht. </i><br />
<br />
Er hat kein Handy, keine Kopfhörer, die Musik, die ihm den Rhythmus seiner schlingenden Bewegungen in der U-Bahn vorgibt, gehört ihm allein. Er scheint nichts zu haben als seinen Kopf, das T-Shirt und die engen Hosen an seinen dünnen Beinen. Da hat nichts Platz, denke ich mir, wo hat er seine Habseligkeiten?<br />
<i><br />
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille <br />
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, <br />
geht durch der Glieder angespannte Stille - <br />
und hört im Herzen auf zu sein.</i><br />
<br />
Er steigt bei der Station Gumpendorfer Straße aus. Ich schaue ihm nach. Seine Habse(e)ligkeiten hat er wohl in seiner Hosentasche. Ein paar zerknüllte Scheine oder ein Päckchen von dem Stoff, aus dem seine Träume sind. Ein hübscher Junge. Wenig später sehe ich Schiele auf einer Litfaßsäule. Er sah ihm ähnlich.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="shot_1467107773238" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/shot_1467107773238.jpg" /><br />
<br />
Eine Variation auf Rainer Maria Rilke Der Panther. Im Jardin des Plantes, Paris für <a href="http://neonwilderness.net/kategorie/txtheld/">Dominik Leitner schönes Projekt *txt -</a> das fünfte Wort: Habseligkeiten.
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2016-06-28T10:15:00Z
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Alles klar?
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Einen Klaren, bitte, sagte sie und dann blickte sie tief ins Glas. Langsam wurden die Konturen scharf. Sie sah die alten Bilder. Präzise bis ins kleinste Detail. Hochaufgelöst, sagte man ihr. Sehen, sie hatte viel gesehen, immer schon. Die Stäbe des Gitters mit ihren Augen, Legosteine, die sie in präzisen Mustern Stunde um Stunde aufschlichtete in stets neuen Ordnungen, den Teller, der nicht zu den anderen passte, die Unordnung im Bücherregal, die ungleichen Kuchenstücke auf der Geburtstagstorte, Botschaften, Buchstaben, Augen, Münder. <br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-09-02-14-49-28" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-02-14-49-28.jpg" /><br />
<br />
Du siehst alles, sagte die Mutter wütend. Sie schämte sich und konnte gleichzeitig das Gesehene nicht ungesehen machen; es schien stets abrufbar in großer Schärfe. Sie las alles. Sie sah Briefe und die finanziellen Schwierigkeiten der Familie, die kleinen Geheimnisse ihrer Mama, die nackte Angst ihres Vaters beim Telefonieren, sie sah die Blicke, die niemand sehen hätte sollen, die geballten Fäuste, die feuchten Lippen. Sie sah ungeweinte Tränen und Zähne, die Worte vom Entkommen abhielten, sie sah Schultern sich hochziehen und kaum merkliches Zittern. Sie las in den Menschen. Klar. Sie sah all die Bücher, die sie las in Technicolor, 3 D, Seite für Seite mit dem gesamten Text. Klar. Ins Kino ging sie nie. Und trotzdem sah sie all die alten Filme auf dem kleinen Fernseher, den sie aus ihrem Kinderzimmer mitgenommen hatte. Sie hatte auch einen Videorekorder. Irgendwann hörte sie auf Filme zu sehen. Zu viele Bilder zu den eigenen.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-08-08-19-57-38" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-08-08-19-57-38.jpg" /><br />
<br />
Für alle war es klar, dass sie Fotografin werden musste. Bei deinem Blick, meinten sie. Schon als kleines Mädchen war sie für ihr Auge gelobt worden. Ihr Talent wurde gefördert. Die Menschen ließen sich gerne von ihr fotografieren, sie waren stolz auf die Bilder. So schön bin ich ja gar nicht, kicherten ihre Freundinnen. Klar bist du das. Sie versuchte sich mit Makrofotografie am Gartenteich der Eltern. Sie liebte die Klarheit der Wassertropfen und Libellenflügel. Und den Tod, dort groß im kleinen. Die Mutter ließ die Bilder vergrößern fürs Wohnzimmer später ersetzte sie sie durch Familienbilder. So glücklich sind wir doch gar nicht, kicherte sie. Klar sind wir das, - sie sah die zuckenden Mundwinkel, die nie geweinte Träne, das Beben der Halsschlagader. Und sie hatte die Mutter gesehen; letzte Woche, klar das Teleobjektiv half, aber sie hatte es nicht gebraucht, um sie zu erkennen.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-09-10-21-22-58" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-10-21-22-58.jpg" /><br />
<br />
Sie wurde Fotografin. Studierte auf der Angewandten. Arbeitet für Agenturen und Zeitungen und manchmal gab es auch eine Ausstellung. Und irgendwann wich das So schön ist das gar nicht dem Mach das schöner. Photoshop. Alles war möglich. Klar, dass ihre Fähigkeiten weniger gefragt waren, sie konnte nicht verändern, wollte es nicht, wollte das Schöne, den Augenblick sehen und nicht erschaffen. Eine Zeitlang versuchte sie sich als Portrait- und Eventfotografin. Alles von der Hochzeit über die Taufe, den 30er, 40er, 50er, 65er usw. bis zum Begräbnis. So schön war das ja gar nicht, sagten die Leute noch immer und während sie Klar war es das log, sah sie all die anderen Augenblicke, in denen sie nicht abgedrückt hatte. Die verheulten Augen, das hämische Grinsen, die sich berührenden Beine unterm Tischtuch, der weiße Staub im Nasenloch, den Onkel mit der 14-jährigen. <br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2016-02-26-22-02-16" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2016-02-26-22-02-16.jpg" /><br />
<br />
Abends taten ihr die Augen weh, aber die Bilder hörten nicht auf. Nicht einmal wenn sie vögelte die Augen fest aufeinander gepresst, um nur ja keine Schatten, Konturen, Spinnen, Lichtspiele wahrzunehmen; selbst dann liefen die Bilder Amok in ihrem Kopf, bevor sie sich endlich in eine gewaltige Explosion in dunklen Tönen auflösten. Wie das Gegenteil von Heroin, hatte Adrian gesagt. Ihr Drogenprinz, gezeichnet von Gift, Verderbnis und doch so schön. Irgendwo lagen noch die Kisten mit den Aktfotos in Schwarz-Weiß. In ihrem Kopf waren sie klarerweise stets in voller Farbe präsent. Das Ozeangrün der Augen, das blonde struppige Haar, die Zähne, bevor die Droge ganze Arbeit geleistet hatte. Adrian malte, sehr abstrakt. Ihre Liebe beruhte darauf, dass sie anders sehen als alle anderen und ging daran zugrunde, dass sie sich nie wahrnehmen konnten. Sie hatte den Hass in seinem Gesicht gelesen. Nach sechs Jahren.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2016-03-07-13-44-01" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2016-03-07-13-44-01.jpg" /><br />
<br />
Später tat sie sich immer härter mit längerem Partnerschaften. Sie hatte zu viel gesehen, jeden Seitenblicken, jedes verborgene Augenrollen, die Botschaften auf den Handy egal wie schnell sie sich zwang wegzusehen die Bilder, die Worte blieben klar vor ihren Augen. Nur des Nachts, da schlief sie traumlos, da ließen sie die Bilder in Ruhe. Man hatte ihr erklärt, dass sie sich bloß nicht mehr an die Träume erinnern können wie auch, ihr Tag begann indem sie die Augen öffnete und tausende Bilder, alte und neue in ihren Kopf strömten. Manchmal sogar zukünftige bildete sich ein. <br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-11-17-08-25-20" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-11-17-08-25-20.jpg" /><br />
<br />
So hatte sie wohl die Arztpraxis gesehen, heute Morgen. Auch den Arzt mit den Befunden und den Bildern in seinen Händen, den Lichtkästen, die für Kundige den Unterschied zwischen krank und gesund signalisierten und für Unkundige unglaubliche Gemälde zeigen konnten. Sie sah Krebse und Wolken, Dämonenfratzen und Gesichter. Der Arzt sagte was von trüben Aussichten und So schlimm wird das hoffentlich gar nicht. Klar, sagte sie.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-09-01-09-58-33" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-01-09-58-33.jpg" /><br />
<br />
Alles klar?, der Barkeeper stand vor ihr. Sie sah das Brandloch auf der Theke und den feinen Schmutzrand auf ihrem Glas. Sie blickte ihn an, er sah müde aus, kurz zuckte sein Mundwinkel verächtlich, bevor er breiter, unechter, grinste. Sie lächelte unwillkürlich und er erwiderte ihren Blick. Sie trank jeden Abend hier. Klare erst im letzten Jahr. Die Bilder wurden ihr zu viel, sie musste sie wegschwemmen, runterschlucken, den Klaren als Zerrspiegel für das benutzen, was hier an weiteren Bildern auf sie einströmte. Die Spur eines Eherings, verwischter Lippenstift, eine geheime Umarmung, der Schmerz vergangenen Ruhms, Lüge, Betrug, Sehnsucht. All das sah sie bis der Klare endlich sein Werk tat und ihren Blick trübte. Dann ging sie. Solange ich noch das Schlüsselloch finde. <br />
<br />
So klar ist das noch gar nicht. Klar ist es das. Ach, nur kein Trübsal blasen.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-09-02-14-47-33" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-02-14-47-33.jpg" /><br />
<br />
Trüb das vierte Wort für <a href="http://neonwilderness.net/txt/beitraege-2016/">Dominik Leitners wunder-volles Projekt *txt 2016. </a>
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2016-04-18T14:39:00Z
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Wahn
http://katiza.twoday.net/stories/wahn/
<b>W</b>as <br />
<b>A</b>ußer<br />
<b>H</b>erz<br />
<b>N</b>ützt?<br />
<b>Sinn!</b><br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2016-03-12-09-01-43" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2016-03-12-09-01-43.jpg" /><br />
<br />
Wahn das dritte Wort für<a href="http://neonwilderness.net/txt/beitraege-2016/"> Dominik Leitners wunder-volles Projekt *.txt 2016. </a>
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2016-03-22T11:31:00Z
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Heimat
http://katiza.twoday.net/stories/heimat/
Ich wurde mitten hineingeboren. Früh nahm ich sie wahr nicht bewusst. Später dann an den Sonntagen in fröhlicher Erkundung, schnellen Schritts auch jammernd und klagend, aber doch voller eindrucksvoller Erlebnisse. Einen Schritt vor den anderen setzen, manchmal vorlaufen und wieder zurück, mit den Erwachsenen reden, mit den Kindern tollen. Sich verirren, verloren gehen in nasser Kälte am Rande des Abgrunds. Die Eltern weit weg. Und doch gerettet was für ein Glück. Wie das Glück manchmal, wenn sich die Natur in aller Schönheit zeigt, wenn sie mit Silberdisteln und Walderdbeeren belohnt, mit Eichkatzeln und Rehen, mit Hüttenrast und Gipfelsieg, mit Würfelpoker und Waldtschick, mit wundervoller Aussicht. Weit, ganz weit, aber dann muss man wieder hinunter, wenn man zu den Menschen will. Oben ist es einsam. Oder auf Schiern, erst hinauf getreten, dann hinauf gefahren, hinunter geglitten. Weniger einsam. Was für ein Erlebnis. Ein wenig klettern nicht extrem, nicht wie die Cousins, die mit der Gefahr, der Angst, dem Tod kokettieren. Vermisst du sie nicht?, wurde ich in Wien gefragt von den Daheimgebliebenen und den dortigen. Nein, ich vermisse sie nicht. Allzu oft haben sie mir das Gefühl gegeben am Boden der Suppenschüssel zu sitzen, den Blick nach oben wenden müssen, um Himmel zu sehen und Anstrengungen zu überwinden um frei zu sein. Und außerdem: Ich verzichte nicht auf sie, ich habe sie nur aus meinem Alltag verbannt, ihre Omnipräsenz, hart und rau und immer mit Trutz verbunden, mit Kanten, Ecken, scharf, jeder Sturz tut weh, Steine bohren sich in Hände und Knie, die Natur verdreht einen, bringt einen zu Fall. Immer ein bisschen im Schweiße deines Angesichts immer ein bisschen kalt auch. Nein, ich vermisse sie nicht. Wie die Sprache, immer wieder sind scharfe Kanten da, unter den Alpenrosen verborgen, unter Blumen, zwischen sprießendem Gras. Schon schön auch, aber irgendwie gefährlich. Bei Föhn ganz nah, klar, ein wenig auch wie die Spiegelsplitter des Teufels verzerrend. Schöne Welt, böse Leut, bis zum Kopfschmerz. Sie waren immer da oder ich war immer dort. Erst immer, dann oft, dann seltener, dann lange, dann öfter, jetzt länger nicht mehr. Ich denke an sie, sehr Bilder von ihnen, in den sozialen Medien, in meinen vier Wänden, in meinem Kopf. Ich bin mir bewusst, dass sie die Landschaft meiner Seele formten. Steine, Kupfer, wie aus der Spenglerwerkstätte des Großvaters, Silber, wie die Olympiamünzen, die der Vater gegen Neujahrswünschte verschenkte, Feldspan, Quarz und Glimmer, das vergess ich nimmer, Kristallin, da und dort ein Bergkristall, Granaten, Schiefer, Katzengold, Werkzeug und Waffe in naturgegebener Schärfe, glucksendes Wasser, verborgen, sprudelnd, sich einen Weg bahnend, wie schön die Steine im Wasser, wie verblassen sie im Rucksack. Die Hände in einer Quelle baden, Speckknödelsuppe ans warme Dach einer Hütte gelehnt, die Aussicht von dort oben, die Heldinnen und Helden, mitten drin aufwachsen, den Kopf nach oben richten, schon schön, Wälder, abgetrotztes Leben, scheinbarer Überblick bis zum Nächsten. Und doch Abstand. Und trotzdem viel zu eng. Über allem der Herrgott, dort oben. Ich liebe sie, irgendwie, immer schon, noch, wieder. Nein ich vermisse sie nicht. Sie sind immer da, seit Menschheitsgedenken. Die Berge Tirols.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="shot_1356447569013" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/shot_1356447569013.jpg" /><br />
<br />
Berg, das Zweite Wort für <a href="http://neonwilderness.net/txt/beitraege-2016/">Dominik Leitners wunder-volles Projekt *.txt. </a>
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2016-02-08T12:03:00Z
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Trotz alledem
http://katiza.twoday.net/stories/trotz-alledem/
Ich verstehe dich.<br />
Das Leben ist oft ziemlich schwierig.<br />
Beschissen, sogar.<br />
Vor allem, wenn man mit der Angst lebt.<br />
Der Angst vor vielem.<br />
Auch davor, dass nicht viel Leben bleibt.<br />
Lebenswertes.<br />
Und all die Kleinigkeiten, die enorm wiegen.<br />
Die Nachtgespenster.<br />
Und auch der Tag bietet wenig Erholung.<br />
Oder auch nur Ruhe.<br />
Das Beben, das Surren in der Luft bleibt.<br />
Die bangen Fragen.<br />
Darüber kann man mit niemanden sprechen.<br />
Glaubt man dann.<br />
Weil niemand es verstehen könnte.<br />
Wahrscheinlich.<br />
Und irgendwann ist man erschöpft.<br />
Nichts mehr da.<br />
Und dann möchte man einfach nur schlafen.<br />
Ich verstehe das.<br />
Nichtsdestotrotz fehlst du mir so sehr.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-12-11-08-35-23" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-12-11-08-35-23.jpg" /><br />
<br />
Das ist mein Beitrag zu <a href="http://neonwilderness.net/kategorie/txtheld/">Dominiks formidablem Proejkt *txt</a>
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2016-02-02T13:54:00Z
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Ruhig 1
http://katiza.twoday.net/stories/ruhig-1/
Ruhig<br />
Bleib ruhig,<br />
fürchte dich nicht,<br />
reg dich nur nicht auf,<br />
einatmen und ausatmen,<br />
vielleicht ist es ein Irrtum,<br />
oder bloß ein Missverständnis,<br />
alles wird sich schließlich aufklären,<br />
und dann hast du dich umsonst geängstigt,<br />
achte nicht auf das Herz, das dir zerspringen will,<br />
nicht auf das Zittern, das dich in Wellen überkommt,<br />
nicht auf die rasenden Gedanken, die Schleifen ziehen,<br />
nachts wachst du oft auf, deine Muskeln verspannen sich, <br />
der Schweiß ist eine natürliche Reaktion, er kühlt den Körper,<br />
du musst nur immer weiter ein- und vor allem ausatmen, ein und aus,<br />
du musst gar nichts, musst du wissen, du kannst, du wirst, du bist, du lebst,<br />
du musst gar nicht.<br />
Bleib ruhig <br />
noch eine Weile hier.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-12-25-10-57-19" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-12-25-10-57-19.jpg" /><br />
<br />
<b>Ruhig 2</b><br />
<br />
Ruhig<br />
Bleib ruhig.<br />
Ich bin nervös.<br />
Ich zittere ein wenig.<br />
Du bemerkst es, bemerke ich.<br />
Bleib ruhig.<br />
Sag jetzt bloß nichts.<br />
Schön, dass du gekommen bist.<br />
Wir wissen, worauf wir uns eingelassen haben.<br />
Bleib ruhig. <br />
Ich bin nicht verliebt.<br />
Du verpflichtest dich zu gar nichts.<br />
Lass uns zuerst Essen, Trinken, Rauchen, Reden.<br />
Bleib ruhig.<br />
Ich hab Ich liebe dich gesagt.<br />
Gedacht habe ich es schon ein wenig früher.<br />
Ich wollte dir und mir Zeit lassen und das war gut.<br />
Bleib ruhig.<br />
Die Liebe kann einem schon Angst machen.<br />
Und das Leben und das Sterben noch viel, viel mehr.<br />
Aber wir haben beide die Kraft, Liebe und Leben zu teilen.<br />
Bleib ruhig <br />
noch lange bei mir.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-12-17-12-00-19" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-12-17-12-00-19.jpg" /><br />
<br />
Diesmal entstanden gleich zwei verschiedene und auch ähnliche Texte als Beitrag <a href="http://neonwilderness.net/txt/">zum Projekt *.txt</a> ,<a href="http://neonwilderness.net/2015/12/12/das-siebzehnte-wort-txt/"> das siebzehnte Wort</a>. Ich freue mich schon auf 2016, danke Dominik.
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2015-12-29T15:53:00Z
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Distanz
http://katiza.twoday.net/stories/distanz/
Auf die Distanz gesehen ist das alles nicht schlimm.<br />
Nichts ist schlimm auf Distanz gesehen.<br />
Zur Kurzsichtigkeit der Jugend kommt die Weitsichtigkeit des Alters.<br />
Die Distanzen verändern sich. <br />
Der räumliche Abstand. <br />
473 km Entfernung, noch. <br />
Auch zeitlicher Zwischenraum.<br />
Wachsende Distanz.<br />
Distanziertheit vielleicht.<br />
Nein, distanziert war ich nie.<br />
Auf der zurückgelegten Strecke.<br />
Wenig Zurückhaltung bei kaum etwas.<br />
Zu klein der innere Abstand im Umgang mit anderen Menschen.<br />
Die Armlänge unterschritten. Au.<br />
Und doch: die vorgesehene Anzahl von Runden eines Kampfes auch manchmal zu Ende gekämpft.<br />
So scheint es mir jetzt manchmal. <br />
Aus der Distanz betrachtet.<br />
Aus der Distanz betrachtet, sieht man mich anders.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-11-01-10-36-57" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-11-01-10-36-57.jpg" /><br />
<br />
Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum<a href="http://neonwilderness.net/txt/"> Projekt *.txt ,</a> das <a href="http://neonwilderness.net/2015/11/18/das-sechzehnte-wort-txt/">sechzehnte Wort</a>
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2015-11-23T14:24:00Z
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Tanze!
http://katiza.twoday.net/stories/tanze/
<a href="http://katiza.twoday.net/stories/16543245/"><br />
Damals. </a><br />
<br />
<b>Leonce</b>: Tanze, Rosetta, tanze, daß die Zeit mit dem Takt deiner niedlichen Füße geht!<br />
<b>Rosetta:</b> Meine Füße gingen lieber aus der Zeit. <i>(Sie tanzt und singt.)</i><br />
<br />
O meine müden Füße, ihr müßt tanzen<br />
In bunten Schuhen,<br />
Und möchtet lieber tief, tief<br />
Im Boden ruhen. <br />
<br />
O meine heißen Wangen, ihr müßt glühen<br />
Im wilden Kosen,<br />
Und möchtet lieber blühen<br />
Zwei weiße Rosen.<br />
<br />
O meine armen Augen, ihr müßt blitzen<br />
Im Strahl der Kerzen,<br />
Und lieber schlieft ihr aus im Dunkeln<br />
Von euren Schmerzen.<br />
<br />
Und Rosetta tanzte. Jeden 2. Abend. Einen kurzen Auftritt lang in einem wundervollen Blütenkleid. Sie musste erst lernen auf den High Heels zu gehen. Sie war 18 und groß gewachsen. Knabenhaft und doch rieben sich manchmal während ihres Tanzes ihre Knospen an den Tulpenblättern des Dekolletès. Schulterfrei, große Rosen aufgedruckt ein schönes Kleid. Sie tanzte, wie es ihr die irische Prima Ballerina beigebracht hatte. Es war ein kurzer Tanz, ein kurzer Auftritt. Dritte Szene, Erster Akt. <br />
<br />
Ganz zwei Akte dauerte es noch bis Leonce mit Lena in ein Leben voller Rosen, Veilchen, Orangen und Lorbeeren schritt und Valerio sein Dekret erließ. Manchmal gingen sie in der Pause etwas trinken, die KleindarstellerInnen der kleinen Bühne, manchmal las Rosetta in der Kellergarderobe, wo das Premierengeschenk der Tanzlehrerin, Pantöffelchen, hing. Schlussapplaus, noch einmal, zweimal dreimal hinaus alle. Auch die Knospen.<br />
<br />
An vielen Abenden tänzelte Rosetta dann über den Adolf-Pichler-Platz in die Maria-Theresien-Straße, die Treppen hinunter in die American Bar. Eine Stunde Wartezeit bis zum nächsten Bus, zwei bis zum letzten. Rosettas Füße wollten tanzen in bunten Schuhen, ihre Wangen wollten glühen im wilden Kosen, ihre Augen wollten blitzen im Strahl der Kerzen. Nicht heim ins Elternhaus.<br />
<br />
Kerzen standen auch an der Bar und in den dunklen Plüsch-Samt-Nischen. Bilder von Tomi Ungerer hingen dort. Die Tanzfläche war klein, sternförmig und verspiegelt. Eine Glitzerkugel, ja, wahrscheinlich hing dort eine Disco-Kugel. Aber das bemerkte Rosetta nicht, wenn sie dort allein tanzte. Maschine brennt. I cant get no satisfaction. Keine Angst. Ich spiele Leben. As tears go by. Gloria. Der DJ hatte einen Schnauzer. Es waren die frühen 1980er. Sie war gerne allein da, redete sie sich ein, während sie wartete. Tanzend. Auf den Bus. Auf den, den sie liebte. Oder einen, den sie lieben könnte.<br />
<br />
Einmal winkte sie der DJ zu sich. Du tanzt super, meinte er: Vor allem die Texte, die Musik müsste man halt manchmal umschreiben. Sie war einfach unmusikalisch. Deswegen war sie nie eine richtige Schauspielerin geworden, glaubt sie noch heute. Dance like nobodys watching. Oder everybody. Das ist ihr geblieben. Noch immer tanzt sie Texte, als wäre sie allein oder wirbelnder Mittelpunkt auf der Tanzfläche, ob im Planetarium oder im Wohnzimmer. Rosettas Füße tanzen in der Zeit.<br />
<br />
Staatsminister Valerio darf ich vor dem Schlussapplaus um euer Dekret bitten: daß wer sich Schwielen in die Hände schafft unter Kuratel gestellt wird, daß wer sich krank arbeitet kriminalistisch strafbar ist, daß jeder der sich rühmt sein Brod im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion!<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-10-12-21-29-02" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-10-12-21-29-02.jpg" /><br />
<br />
Dieser Text ist mein Beitrag<a href="http://neonwilderness.net/txt/"> zum - Hurra verlängertem - Projekt *.txt </a> , <a href="http://neonwilderness.net/2015/10/28/das-fuenfzehnte-wort-txt/">das fünfzehnte Wort </a> Danke Dominik.
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2015-11-10T11:26:00Z
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Konjunktiv II
http://katiza.twoday.net/stories/konjunktiv-ii/
Ich hätte es wissen müssen.<br />
Ich hätte es nicht tun dürfen.<br />
Ich hätte es nicht wollen sollen.<br />
Ich hätte es nicht denken dürfen.<br />
Ich hätte es nicht begehren sollen.<br />
Ich hätte es nicht zulassen dürfen.<br />
Ich hätte es nicht verschweigen sollen.<br />
Ich hätte es nicht genießen dürfen.<br />
Ich hätte nicht drüber nachdenken sollen.<br />
Es hätte nicht passieren dürfen.<br />
Ich hätte es wissen müssen
<br />
Wissen? Ach geh! Wissen?<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-08-26-13-05-26" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-08-26-13-05-26.jpg" /><br />
<br />
Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum <a href="http://neonwilderness.net/txt/">Projekt *.txt</a>, das <a href="http://neonwilderness.net/2015/10/10/das-vierzehnte-wort-txt/">vierzehnte Wort</a>......
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Verstand
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Hallo, sagt der Bassist. Ich bin überrascht, ihn an der Theke des Vertrauens zu treffen, wünsche ihm Beileid zum gerade erlittenen Verlust. Neben ihm sitzt einer, ebenfalls in Trachtenjopperl und Jeans, Fraktionskollege, christlicher Gewerkschafter, füllig, schwitzend, ein Smartphone in der Hand, eine Bierflasche in Reichweite. Personalvertreter oder Betriebsrat der Gewerkschaft, die einmal meine war. Er schimpft ein wenig über den Verein. Ich bin mit einer Freundin verabredet, bleibe aber kurz bei den beiden sitzen, um dem Bassisten mein Beileid auszudrücken. Der Kollege telefoniert, kurz und laut. Mit einem Bankmenschen. Ich bin Betriebsrat, sagt er und dass Frau Soundso nichts zu melden habe. Der Bassist erzählt vom Begräbnis. Er versucht verbindend zu wirken, er fragt den Kollegen, ob er errate, aus welchem Bundesland ich käme. Er errät es nicht, ich löse das Rätsel: Tirol. Warum haben die Tiroler keinen Geschlechtsverkehr?, beginnt er einen Witz zu erzählen. Weils Ihnen beim Fickkkkken die Zähne aussi haut. KKK, ficken, die Zähne. Ich verziehe den Mund und schau dem Wirt meines Vertrauens in die Augen. Der Kollege erzählt jetzt eine Anekdote über eine Schulung in Tirol. Die Pointe fehlt. Ich frage mich, wo die Freundin bleibt. Der Bassist sagt: I fürcht mi vor die Wiener Wahlen. Der HaZe macht ihm Sorgen, wie uns allen, bedenklich wiegt er den Kopf. Der Kollege trinkt einen Schluck Bier. Und plötzlich ist es da, das Flüchtlingsthema. Vom Schmutz redet der Kollege, den die Flüchtlinge machen, den Müll, den sie liegen lassen, dass viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei sind, 60 haben sie in der Gemeinde, unbegleitete junge Burschen, seine Tochter ist vierzehn, er traut sich nicht, sie zur Bahn gehen zu lassen, wo führt das hin, lauter Männer, die Kleidung liegt herum, wenn es nicht Markenkleidung ist, aber Handys, die Tochter trage Spaghettiträger und kurze Hosen, wenn so ein junger Mann ausgehungert, die kennen das ja nicht, ständig Kämpfe zwischen den Unbegleiteten, die Gutmenschen haben keine Ahnung. Er hört auf keinen meiner Einwände, lässt mich nicht zu Wort kommen, er spult das ganze Programm ab, wie ich es aus den sozialen Medien und Foren kenne. Dann brauchst du dich ja nicht fürchten vor der Wiener Wahl? Da könnte ja der für dich Richtige gewinnen? frage ich schließlich. Ja, sagt er.<br />
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Ich verstehe.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-09-01-10-49-30" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-01-10-49-30.jpg" /><br />
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Ich gehe lege Raum zwischen mich und den Kollegen. <br />
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2015-09-24T11:03:00Z
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Jujukinkai
http://katiza.twoday.net/stories/jujukinkai/
Sie wusste, wie es endet. Sie wusste es genau. Auch dass es endet und dass mit dem Ende auch wieder die Sehnsucht beginnt. Dass es nur eine kurze Ewigkeit lang sich unendlich anfühlte, zwischen vor dem Gipfel und nach dem Gipfel. Sie wusste auch, dass es seinen Preis kostete und dass man, dass sie im Grunde einsam dabei war. In dem Moment. Vorher und nachher war sie oft nicht allein. Sie genoss das gemeinsame Kribbeln der Vorfreude, das Einander-Aufstacheln, das Lachen, Scherzen, das Verscheuchen der Angst. Angst wovor? Schaden zu nehmen, Schande zu erfahren, nicht richtig verboten, nicht richtig erlaubt. Angst vor dem Glück, dem Anders, dem Zustand und der Sehnsucht nach Ewigkeit, nach mehr. Losgelassen. Schwindlig. Angst sich schmutzig zu machen, das Gewand zu zerreißen, das Gesicht, den Verstand, den Boden unter den Füßen, die Kraft der Sinne zu verlieren. Angst vor der Gier nach mehr. <br />
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Und obwohl und weil sie wusste, wie es endet, streckte sie die Arme ganz weit aus. Damals in der Blumenwiese. Es muss eine Blumenwiese gewesen sein. Oder eine weiße Schneedecke. Zuerst in die eine Richtung und dann Schwung holen und in die andere Richtung. Viel Schwung und drehen, drehen, drehen, kleine Schritte mit den Füßen, die Arme ganz weit ausstrecken, vielleicht den Kopf in den Nacken legen, oben ist die Sonne, tanzen die Schneeflocken. Bis sie hinfällt in die blühende Wiese, in den weichen Schnee. Und oben dreht sich der Himmel. Die Arme ganz weit ausstrecken. Ihr ist schwindlig. Irgendwo weit hinten mahnt die Mutter, die Grasflecken, der kalte Schnee. <br />
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Oder über das Laub hinunterrollen auf Südtiroler Hängen, der feuchte Geruch und endlich der schöne Schwindel. Rundumrundumrundumrundum. Lachen. Atemlos. Laubbedeckt. Herbstglückseligkeit. Purzelbäume über Gartenlängen. Und Räderschlagen. Bitte Onkel Günther lass mich fliegen Runde um Runde im Kreis bis wir beide nicht mehr können. Bis sie schwindelt. Schaukeln und Kettenkarussell. Eiskalt Duschen bis ihr die Luft weg bleibt und das Hirn. Den Kopf verlieren, lachen. Kein Boden unter den Füßen. Alles wolkenwattigweich. Ein wenig liegen, nichts denken oder alles. Und oben dreht sich der Himmel.<br />
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Damals war sie Kind.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-09-01-19-10-26" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-09-01-19-10-26.jpg" /><br />
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Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum <a href="http://neonwilderness.net/txt/">Projekt *.txt, </a>. Danke Dominik für <a href="http://neonwilderness.net/2015/08/29/das-zwoelfte-wort-txt/">das zwölfte Wort. </a>.
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2015-09-14T11:39:00Z
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Ferragosto
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Da saß sie am Montag, Nachmittags gegen vier, allein mit einem Glas Wien. Es war heiß - Ferragosto.. Man könnte mich für eine Trinkerin halten, dachte sie und dass es ihr egal war, wofür man sie hielt. Sie trank. Einen Schluck. Der Chardonnay war gut, vielleicht die Spur zu warm. Sie hätte um einen Eiswürfel bitten können. Die Kellner hatten ohnehin nichts zu tun. Sie standen in der Hitze herum. Wozu? Sie trank nun einen Schluck vom Wasser. Auch zu warm. So saß sie da und sah auf den Weg, der das Lokal vom Gastgarten trennte. Sah den Kellnern bei ihren kleinen Streitereien zu. Sah kaum jemanden vorbeigehen Ferragosto. Die Stadt schien ausgestorben. Die wenigen, die nicht auf Urlaub waren, saßen auf ihren klimatisierten Arbeitsplätzen oder waren in die Bäder geflüchtet. Früher war sie gerne geschwommen. Sie war schon lange nicht mehr im Bad gewesen sie war schon lange nicht mehr geschwommen. Schade. Aber auch auf der Flucht. Selbst in der komplett verdunkelten Wohnung war die Hitze unerträglich. Sie konnte nicht schlafen. Sie hatte sich geduscht, angezogen, geschwitzt und war hierher gegangen. Und da saß sie. Es war heiß, zu heiß. Links, einen Rösselsprung von ihr entfernt, saß ein einsamer alter Mann. Vor sich ein Bier. Vielleicht trank er. Das dachten die Leute wohl, ein einsamer alter Mann, eine einsame alte Frau, es ist heiß und sie trinken. Er hatte gegessen. Das hatte sie auch kurz überlegt, aber sie hatte keinen Appetit, auf nichts. Er wirkte ungepflegt. Sie hatte sich in Schale geworfen, die weiße Bluse, der Leinenrock, der eine Handbreit über dem Knie endete, sogar Lippenstift, für wen? Ferragosto. Ein Mädchen tanzte vorbei. Sie bemerkte sie kaum, bis sie den Wortwechsel zwischen einer jungen Frau und dem frechsten der Kellner rechts hinter sich vernahm. Es musste die sein mit dem Rehkopftattoo, das zwischen ihren Brüsten hervorgelugt hatte, als sie am Weg vom Klo an ihr vorbeiging, der alten Frau, die allein trank und vor sich hin starrte. Sie drehte sich nicht um, sie musste nicht wissen mit wem der Kellner stritt, sie wollte nichts wissen, sie hörte wieder auf zu hören. Sie erschrak daher, als der netteste der Kellner sie fragte, ob sie noch etwas bekäme. Ein Eiskaffee, bitte, hörte sie sich sagen. Sie blieb noch sitzen. Der alte Mann schien ein Rätsel zu lösen. Fränkischer Hausflur. Früher hatte sie gerne Rätsel gelöst. Aber irgendwann
.ihre Großmutter hat Patiencen gelegt. Sie könnte nach Hause gehen, sie könnte gehen, wenn sie aufstehen könnte, sich aufraffen. Und Patiencen legen oder Solitaire spielen, wie es heute heißt, am Computer. Aber sie saß hier in der Hitze und der Eiskaffee schmolz. Gäste kamen und gingen. Unendlich langsam. Nur der alte Mann und sie. Sein Haar war schütter und zu lang. Ungepflegt. So ging sie nicht aus dem Haus. Oft. Meistens. Weil sie nicht aus dem Haus ging. Aber jetzt war sie da und trank den Eiskaffee, der viel zu süß war und mit Schlagobers, das sie nicht mochte. Sie hätte was sagen können. Aber sie hatte ja nicht einmal den Eiskaffee gewollt und ihn trotzdem bestellt. Was wollte sie noch? Oder nicht? Sie könnte mit dem Mann sprechen. Früher hatte sie oft mit Fremden gesprochen. Sie könnte auch den Kellner rufen, sie könnte zahlen und noch eine Runde durch den Campus gehen, das alte AKH. Sie kannte es auch noch als Krankenhaus. Schon damals saßen alte Menschen hier und starrten. Sicher, sie hätte ein Buch mitnehmen können. Und so tun, als würde sie lesen. Aber welches? Sie hatte zu viele Bücher gelesen. Was könnte noch lesenswert sein oder wieder? Neue Gäste waren gekommen. Laute Menschen. Nicht zuhören, nicht hinhören, aufhören. Es war heiß. Es war zu hell. Sie hätte eine Sonnenbrille nehmen können, wegen der Falten und den Augen, die man darunter nicht sieht. Sie hatte nicht daran gedacht und wusste auch nicht mehr, wo ihre Sonnenbrille war. Ein Schluck Wasser. Den Eiskaffee würde sie stehen lassen. Den Kellner um die Rechnung bitten. Sie würde ihm Trinkgeld geben, er war nett gewesen. Vielleicht würde sie den alten Mann noch einmal ansehen, bevor sie ging. Wozu noch länger hierbleiben? Es war viel zu heiß Ferragosto. Ja, das würde sie machen - später dann. Gehen. Bald. Sie fasst nur so furchtbar Schwer_Mut.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-08-08-19-55-36" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-08-08-19-55-36.jpg" /><a href="http://neonwilderness.net/txt/"></a><br />
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Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, <a href="http://neonwilderness.net/2015/08/05/das-elfte-wort-txt">das elfte Wort </a>- danke Dominik, für die stete Inspiration./
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2015-08-13T09:06:00Z
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Zum Glück
http://katiza.twoday.net/stories/zum-glueck/
Das Glück ist mir hold. Wir verbringen immer mehr Zeit miteinander - zum Glück. Es wohnt bei mir, hat es sich gemütlich eingerichtet, lichtdurchströmt. Es hat Bilder aufgehängt, es hat Möbel mitgebracht und Bücher, viele Bücher. Auch Schallplatten. Alles trägt auch die Spuren der alten WG. Lange hatte das Glück dort das hintere Zimmer: klein, aber mit dem Fenster mit der wundervollsten Aussicht, still, ein wenig abgelegen, versteckt fast, höchstens Platz für Zwei zur selben Zeit, übernachten war schon schwieriger. <br />
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<img title="" height="400" alt="2015-06-24-20-31-57" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-06-24-20-31-57.jpg" /><br />
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Einst war es ein Kinderzimmer, erfüllt von Träumen und Geschichten, Versteck und Höhle. Das Glück lag dort auf dem Bett mit den Büchern und dem Radio. Das Glück war stolz auf den Pokal, den es auf dem Rücken der Pferde ersprungen hatte, das höchste der Erde. Und manchmal tollte es über die Felder und erkundete Wälder, Bäche und Ameisen. Zuhause verlor es sich in Teppichmustern und Schallplatten, in Lyrik und Romanen, die es mit dem Unglück geschwisterlich teilte. Draußen vor der Türe, die das Glück nicht absperren konnte, war die Welt, die Räume gehörten den Eltern, ihrem Glück, ihrem Unglück, ihrer Angst, ihrer Sehnsucht, ihrer Wohngemeinschaft. <br />
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<img title="" height="400" alt="2015-06-08-20-46-36" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-06-08-20-46-36.jpg" /><br />
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Später zog das Glück ins Erdgeschoss, es schlief und schlief bei im Messingbett. Das Glück tanzte allein und zu zweien zu lauter Musik, vertiefte sich in Lyrics und Literatur, Theater und Tequila. Oh ja, das Glück trinkt, manchmal säuft es geradezu und das Glück kifft und stellt alles Mögliche an. Nachts streunte es durch die Stadt, es teilte mit Fremden - zum Glück ist es immer gut gegangen. Vielleicht war es wegen der Angst. Die hatte damals das größte Zimmer in der WG, wollte man zum Glück, kam man nicht an ihr vorbei. Die Unsicherheit lungerte in der Küche herum, immer ein Gläschen bereit. Und die Traurigkeit, der schwarze Hund, der durch die Räume schlich, seinen brünftigen Gestank verbreitet und Erinnerungen annagte. Manchmal hatte das Glück das Gefühl nicht mehr gehört zu werden, nicht gesehen zu werden. Es leistet seinen Beitrag, schwang sich immer wieder auf, nur um von den anderen überstimmt zu werden.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-07-26-18-59-25" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-26-18-59-25.jpg" /><br />
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Es war selten daheim, viel unterwegs und immer auf der Suche nach Verbündeten; es war hungrig, es wollte sich teilen und das gelang ihm immer besser. Am Liebsten zu mehrt, so dass es die alte Angst in der Ecke vergaß oder erst spät bemerkte. Das Glück feierte: die Liebe, das Leben, es reiste, bestieg Vulkane, schaute Steine. Und es arbeitete, an sich, mit anderen, für andere. Es schwieg, blickte in die Vergangenheit, wechselte Perspektiven, hörte zu, sah zu, spürte und kam mehr und mehr im Augenblick an. Und die Tränen waren wie Vergrößerungsgläser. Es wurde selbst bewusster, selbst erfahrener. Verlangte mehr Platz, trat für seine Anliegen ein.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-06-17-19-00-29" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-06-17-19-00-29.jpg" /><br />
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Die anderen in der WG begannen zu kämpfen, das Unglück verlangte seinen angestammten Platz zurück und warf der Angst vor, ihm keine Hilfe mehr zu sein. Es lud den Zweifel ein und die Einsamkeit, den Zorn, die Wut. Sie feierten wilde, selbstzerstörerische Parties, der Schmerz grölend mittendrin. Der Tod ging vorbei und geliebte Menschen, mit denen das Glück am Tisch gesessen war, die es genährt, willkommen geheißen hatten, gingen mit ihm. Man spürt selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war, schrieb Françoise Sagan. Das Glück zog sich zurück in seinen Schildkrötenpanzer, aber selbst dort musste es sich die Ohren zuhalten und Namuamidabu singen. <br />
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<img title="" height="400" alt="2015-07-26-19-37-01" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-26-19-37-01.jpg" /><br />
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Und irgendwann habe ich das Glück wieder ernst genommen, habe aufgehört auf den Panzer zu klopfen, es zu rufen, zu fluchen, zu betteln. Irgendwann bin ich endlich still geworden, hab das Glück eingepackt und mich mit ihm in die Sonne gesetzt. Auch da habe ich es immer wieder übertreiben, hab es zu viel herumgeschleppt, es versucht plappernd aus seinem Versteck zu locken, es wild umtanzt. Nach und nach hat es immer öfter und weiter seinen Kopf herausgesteckt, seine Beinchen, das kecke Schwänzchen. Und länger und länger blieb es heraußen, selbst, wenn es regnete oder die Luft verraucht war. Eines Abends kamen wir heim und lüfteten. <br />
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<img title="" height="400" alt="2015-07-23-15-44-40" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-23-15-44-40.jpg" /><br />
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Es war nicht leicht, die Fenster klemmten. Das Glück ist keine große Hilfe beim Großputz. Es vertieft sich in Kleinigkeiten, an denen es hängt, die es glaubt zum Leben zu brauchen und doch fünf Minuten später wieder vergessen hat. Nie bleibt es an einem Platz, wenn es ums Aufräumen geht, ganz abgesehen davon, dass es meistens soundso erst Stunden, Tage später kommt. Aber irgendwann einmal war es geschafft und das Glück sprang beim einen Fenster hinaus und flog beim anderen wieder herein. Gottseidank wollte die Wut wie so oft nicht wirklich mitarbeiten und so hat nur der Schmerz ein paar Gläser zerbrochen. Wo war die Angst, damals? <br />
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<img title="" height="400" alt="2015-07-23-17-00-14" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-23-17-00-14.jpg" /><br />
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<a href="https://www.youtube.com/watch?v=bxEWrsPkgwM">Das Glück is a Vogerl, </a>heißt es im Wienerlied und es fliegt mit mir, mit uns. Es pfeift uns Liebeslieder am Vorderdeck und anderswo. Es flattert durch den Salon und folgt uns nach Süden und Norden, mal Adler, mal Uhu, mal Gassenspatz, mal Papagei, mal Kakapo. Und weil der alte Schildkrötenpanzer ihm beim Fliegen ständig im Weg war, hat es ihn oben auf den Schrank geräumt, wahrscheinlich passte es gar nicht mehr rein, so fett war es geworden. Letztes Jahr war es auch bei mir, der Gänsemagd, das Glück. Es hat mit dem Tod der Angst und der Sehnsucht, mit meiner Mutter, mit mir, mein Elternhaus bewohnt. Es hat mir die geheimen Orte von einst gezeigt, die Freude an Kleinigkeiten. An den Wochenenden ist es aufgeblüht. Es hat mich nicht verlassen, auch nicht am Ende.<br />
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<img title="" height="400" alt="2015-07-07-15-30-39" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-07-15-30-39.jpg" /><br />
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Zum Beispiel gestern. Da traf ich, trafen wir, das Glück erst auf der Jesuitenwiese, 16 Kinder und eine Mutter im Schlepptau, mitgenommen aus einem Asylheim in der Nähe unseres Grätzels. Drei vier verschiedene Nationen, die Kommunikation, ja selbst das Namen merken im internationalen Sprachengewirr schier unmöglich. Nur lachen, lachen können wir von Anfang an gemeinsam. Ein bisschen Glück wollen wir den Kindern schenken, Bälle und Naschereien und Spiele und Menschen, die sich mit ihnen freuen. Viele sind hier, weil sie die Hetze in den sozialen Medien satt haben und wissen, dass nur Handeln vor der Hilflosigkeit und Fassungslosigkeit, die sie wie mich angesichts der brutalen Wortgefechte bedrängt, rettet. Drei Stunden Nachmittag, ein paar Namen habe ich mir doch gemerkt und wieder einmal begriffen, wie viel Glück ich habe, auch dass ich helfen darf und kann. Und dann noch Freitag, im Wohnzimmer des Glücks, der Chapel of Soul, beim Erstgeborenen mit in Erdöl gegossener Liebe. Das Glück ist mir wahrlich hold.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="2015-07-21-20-04-15" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/2015-07-21-20-04-15.jpg" /><br />
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So viel Glück ist mir beschieden. Allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel
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Nackt
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Sie fühlte sich nackt,<br />
denn er war ausgezogen.<br />
Es war ein Fakt:<br />
Er hatte sie belogen.<br />
<br />
Sie trug ihr Hüllenlos<br />
Wie ein Abendkleid,<br />
Am Ende blieb ihr bloß<br />
Des Abends Leid.<br />
<br />
Bis sie dem nackten Leben<br />
Ganz plötzlich voller Lust<br />
Sich wieder hingegeben:<br />
Nackt und selbstbewusst.<br />
<br />
Sie braucht sich nicht verkleiden,<br />
sie braucht auch kein Kostüm.<br />
Sie braucht auch nicht mehr leiden,<br />
sie lebt jetzt ungestüm.<br />
<br />
<img title="" height="400" alt="shot_1310140934975" width="400" src="http://static.twoday.net/katiza/images/shot_1310140934975.jpg" /><br />
<br />
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Zum Thema Acht schon was gem8
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<a href="http://katiza.twoday.net/stories/5102954/">Und daher wird jetzt prompt recycled: </a><br />
<br />
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