Logbuch

17
Nov
2011

Logbuch Update Beziehungsweise vom Vorderdeck

Mast- und Schootbruch! Es lebt sich gut am Vorderdeck und der 1. Offizier erweist sich mehr als seetüchtig. Hand in Hand hissen wir rhythmisch singend (und dann und wann auch im Gasometer tanzend) die Segel für stetig neue Abenteuer: Piratenlieder singen wir und Beziehungsweisen; in der Kombüse bin ich noch immer Kapitänin; beim Möbelhaus entern und Planken zimmern steht mir der Maat zur Seite, bei den Gelagen, beim Laden der Wasch- und Geschirrkanonen und manchmal nimmt er mir kurz das Steuer aus die Hand und hilft mir Ballast zu den Haien zu schicken.

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Manchmal fühlt es sich seltsam an in den Häfen, in denen ich früher unter anderer Flagge angelegt habe. Doch wir stechen ja wieder in See, stets unterwegs. Nur von Zeit zu Zeit ankern wir in einer Bucht, kochen uns was Feines und denken um die Ecke - wie es echte Piraten nun mal so tun in klaren Nächten.

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Und doch rüttelt der Klabautermann dann und wann in der Takelage, wenn ich um die Blogs streiche oder mir Menschen von Bord gehen. Hab ich ihn shanghait, frag ich mich. Aber dann tauch ich in seine Augen und schnuppere Seeluft und vertraue darauf, dass wir noch eine Zeitlang guten Wind haben.

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Allzeit gute Fahrt und eine Handvoll Wasser unter dem Kiel.
2476 mal erzählt

28
Okt
2011

Was katzt mich das?

Es lässt sich so possierlich an, mein kleines Leben momentan; Alltag spielen, Bücher und Buch halten in den Galaxien der Staben. Genauso muss sich die Unendlichkeit anfühlen, nur noch ein bisschen enger. Tagsüber tue ich meine Arbeit, begegne so vielen faszinierenden Menschen, von, mit denen ich lernen, die ich lehren darf.

Ich durchquere die Stadt im öffentlichen Verkehr, meist den Soundtrack der Liebe im Ohr, die Augen offen für die kleinen Miniaturen: Das junge Mädchen neben mir im legendären 13 A, das ein Buch von Zen-Meister Suzuki liest, das auch bei mir zuhause liegt; so hübsch ist sie mit dunklen Locken, einer bunten Mütze und Hexenstiefelchen und ganz gefangen von den Worten. Dann klappt sie das Büchlein zu und sucht in ihrer Tasche ein anderes: „Das Kapital“ zieht sie hervor und mein Lächeln verwandelt sich in ein breites Grinsen. „Ich mag Ihre Lektüre“, sag ich und dann steige ich aus. Treffe Menschen aus meinem neuen Leben und mitten drinnen einen, aus der Zeit, als ich wohl so alt war wie die junge Leserin. Oft sind wir nebeneinander an einer Bar gesessen, jetzt prosten wir uns auf Sesseln zu und das Bier schmeckt wie früher. Wie ich hierher komme, will er irgendwann wissen und freut sich dann, als ich es ihm erkläre. „Ihr passt“, strahlt er.

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Andere Begegnungen mit der Vergangenheit verlaufen anders. Ein wenig Abschied nehmen nach zwanzig Jahren; gemeinsamer Jahre des Feierns, Fressens und Reisens, wir haben immer seltener gelacht und geweint miteinander in den letzten davon, als Paar hatten wir unseren Platz, doch dieses Paar gibt es nicht mehr. „Frisch verliebt“, will der Trauzeuge wissen. Verliebt, bestätige ich. Später stellt er mir noch eine Frage, er will wissen, was ich esse am Würstelstand. Wir gehen auseinander. Wir lesen uns auf Facebook. Unten an der Bar komme ich wieder in meinem Leben an.

Unten an der Bar trinke ich oft ein letztes Glas oder zwei oder drei. Die beiden Betreiber sind mir an Herz gewachsen, der Blondschopf und der Dunkle. 28. Mein Lieblingsalter, früher bevor ich 28 wurde und noch zehn Jahre danach. Jetzt ist mein Alter mein Lieblingsalter. „Du bist also ein Cougar“, vermutet der betrunkene Knabe. 25 ist er und nicht zum Stich gekommen. Eine Stunde hat er investiert und dann sagt sie ihm, dass sie einen Freund hat. Jetzt sei es spät und er wisse nicht, ob er es bei noch einer versuchen solle. Er flirtet ein wenig, ich spiele ein wenig, beiße auch und zeige Krallen und bleibe ehrlich, sage ihm, dass ich auf den Geliebten warte, der noch am Theater auftrete. Ein Puma sei ich, meint er und seine Mutter ist zwei Jahre älter als ich, Der Katze in mir ist nicht nach jagen zumute, er scheint das zu bedauern. Als der Eine kommt, schnurre ich.

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Und doch, ganz geht mir die Geschichte mit der alten Katze nicht aus dem Kopf. Und spät des Nachts, während wir den Geburtstag des Einen feiern, rumort es wieder unter Bord zwischen den Rumfässern und dem Schießpulver. Der Eine erschrickt, als das Gespenst aus meinem Dunkel, unseren rosaroten Wolken bricht und als das kleine Mädchen plötzlich da steht und bittere Tränen vergießt aus Angst nicht genug zu sein, nur zweitbeste Möglichkeit, nur praktisch, ein Schnäppchen, Substitute.

Doch dann am nächsten Tag haben wir die Segel wieder gesetzt, die Piratenkönigin kam wieder an Bord, hat einen Schweinsbraten mit feinstem Krusterl am Vorderdeck kredenzt und mit ihrem Ritter ein Fest der Liebe gefeiert, dass das kleine Mädchen nur so gestaunt hat…

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900 mal erzählt

8
Sep
2011

Aus dem Logbuch

Position:

Längengrad: 16.3531771
Breitengrad: 48.2145207

Kurs:

Längengrad: -58.64169359207153
Breitengrad: -34.61233645566241

Ei Pardautz, wir haben ganz schön Fahrt aufgenommen, seit wir die Segel gesetzt haben und in See gestochen sind. Jetzt durchpflügen wir die sieben Weltmeere, gewiegt von weichen Wellenschlägen wälzen wir uns am Vorderdeck in der Sonne und unter Sternen und unterhalten uns schweigend darüber, wohin die Reise gehen mag; wer wie wir tief in den Augen des anderen taucht, ist schwerelos und hört nur den steten Rhythmus des Atems. Wortlose Wortverliebte. Alle Wetter, auch wenn kein Wölkchen zu sehen ist.

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Aber manchmal, wenn ich alleine im Krähennest sitze und ganz Kapitänin Ausschau halte nach drohenden Gefahren, krallt sich der kleine, fiese, alte Affe in meine Schulter, rauft mir die Haare und keckert mir ins Ohr. „Piratenmuttchen“ heißt er mich, wenn ich in der Kombüse Hühnersuppe koche für den Einen, der krank darniederliegt; „Piratentussi“ nennt er mich, wenn ich mich zum dritten Mal umziehe, um schön für den Einen zu sein; „Piratenmädchen“, wenn ich voll Herzklopfen mit Schmetterlingen im Bauch und weichen Knien auf den Einen warte; „Piratenschlampe“, wiehert er, wenn ich tätig sehnsuchtsvoll, alleine an den Einen denke. Und manchmal zischt er „Alte Schabracke“ zwischen den kleinen spitzen Affenzähnen hervor und sein Atem stinkt dabei. Verstehe nur ich seine Worte, höre nur ich sein hämisches Lachen? Manchmal habe ich gute Lust dem tückischen Affen den Hals umzudrehen, ihm die Kehle durchzuschneiden, ihm eine Flasche über den Kopf zu ziehen oder ihn einfach über Bord zu werfen…doch dann denke ich an all die Jahre, die er schon zu meiner Crew gehört. Und ich geb dem Affen Zucker und einen aus und stimme in sein Affenlachen ein. „Siehst du“, sag ich und kraule die kleine Bestie: „Keine Wolke am Himmel.“

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Und dann geh ich wieder aufs Vorderdeck. Zum Einen.
2119 mal erzählt
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Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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Im Bilde

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