Das Bild
Sie stand schon viel zu lange vor dem halb fertigen Bild. Es ärgert sie, dass es nicht fertig war, es ärgerten sie die Fehler in der Perspektive und im Strich. Da oder dort war die Farbe verwischt, schlampig gearbeitet, mit dem Handballen wahrscheinlich. Schade um das schöne Papier, das teure schwere.
Das Papier hatte der Maler mitgebracht. Und die schönen Farben, teure Wasserfarben, was heißt Wasserfarben, Aquarellfarben. Und den dicken weichen Rundbleistift, dessen Striche fast wie Kohle waren. Und Kohle. Und das Papier. Immer wieder kam er zum Mittagessen und inspizierte seine Bilder, die im Haus hingen. Schöne Bilder, auch das Kind mochte sie. Der kleine, dicke Maler mochte das Kind vielleicht. Sogar, wenn es sich altklug in die Gespräche über die griechische Mythologie einmischte, Orpheus, der Minotaurus. Bei Milzschnittensuppe, Buchteln und Gröstel, sprach der Maler von seiner Mutter, der viel Geliebten, der er eine Kapelle errichtete. Reiterin sei sie gewesen, wie das Kind. Irgendwie sabberte er, war schmutzig, er war eklig, aber ein großer Künstler. Viel geschätzt und fast wie ein Freund der Familie, der dem Kind Talent attestierte und Malsachen brachte – keine neuen, gebraucht vom großen Künstler. Das Kind mochte ihn nicht.
Ein Schloss war im Hintergrund und ein Teich rechts vorne. Daneben stand der gestiefelte Kater. Oder hätte stehen sollen. Und da war dieser Weg – ungelenk und seltsam koloriert. Und vor allem unfertig. Wie lange lag es da herum, Tage, Stunden, liegen gelassen, vergessen, weil etwas anderes interessanter war, weil immer etwas anderes interessanter ist. Einfach so, halb trocken und verschmiert und unfertig. Das schöne Papier, die schönen Farben. Sie breitete das Packpapier aus und bettete das Bild darauf, behutsam, damit sie das Bild in ihrem Kopf nicht verlor. Niemand hatte ihre Bilder je gelobt, niemand hatte sie gesehen. Nur die Malerinnen und Maler verstanden sie, weil sie sie verstand. Künstlerseelen, verletzt. Aber jetzt würde sie das Bild zu Ende malen und es würde wunderschön werden.
Die Pinsel waren verklebt und sie musste sie erst unter fließendem Wasser spülen, Der Becher auch, auch ihn reinigte sie sorgfältig und sah zu, wie sich die wenigen Farbpartikel, die im grauen Mischmasch waren, endgültig verschwommen, der Schmutz floss ab. Sie ging noch einmal in den Keller, um den Farbkasten zu holen und reinigte die Palette sorgfältig. Vorsichtig wischte sie über jedes einzelne Farbkästchen hinweg, alles verschmiert. Sie stellte die Ordnung wieder her.
Sie stellte die Ordnung wieder her, verpasste dem Weg mehr Kontur, dem See mehr Tiefe und einen kleinen Schilfgürtel. Und ganz vorne im Bild, stand der gestiefelte Kater. Gerne hätte sie radiert, doch sie verbat es sich. Das Bild war fertig und sehr nahe an dem, das sie im Kopf hatte. Das Kind würde sich freuen, sie haben gemeinsam ein Bild gemalt und vielleicht könnten sie es beide dem maler als Bild des Kindes unterjubeln. Oder öfter gemeinsam malen. Wenn das Kind nicht immer so schlampig wäre und zumindest die Fingerabdrücke am Rand durfte sie wegradieren. Die schönen Farben, das gute, schwere Paper. Das Kind würde staunen…
„Mama, Mama, hast du mein Bild fertig gemalt? Warst du das? Mama, das war mein Bild! Mama ich hasse dich!
Tut mir leid Mama, es war mein Bild. Du hast so schön gemalt. Es war mein Bild.“
Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das vierte Wort Bild
Das Papier hatte der Maler mitgebracht. Und die schönen Farben, teure Wasserfarben, was heißt Wasserfarben, Aquarellfarben. Und den dicken weichen Rundbleistift, dessen Striche fast wie Kohle waren. Und Kohle. Und das Papier. Immer wieder kam er zum Mittagessen und inspizierte seine Bilder, die im Haus hingen. Schöne Bilder, auch das Kind mochte sie. Der kleine, dicke Maler mochte das Kind vielleicht. Sogar, wenn es sich altklug in die Gespräche über die griechische Mythologie einmischte, Orpheus, der Minotaurus. Bei Milzschnittensuppe, Buchteln und Gröstel, sprach der Maler von seiner Mutter, der viel Geliebten, der er eine Kapelle errichtete. Reiterin sei sie gewesen, wie das Kind. Irgendwie sabberte er, war schmutzig, er war eklig, aber ein großer Künstler. Viel geschätzt und fast wie ein Freund der Familie, der dem Kind Talent attestierte und Malsachen brachte – keine neuen, gebraucht vom großen Künstler. Das Kind mochte ihn nicht.
Ein Schloss war im Hintergrund und ein Teich rechts vorne. Daneben stand der gestiefelte Kater. Oder hätte stehen sollen. Und da war dieser Weg – ungelenk und seltsam koloriert. Und vor allem unfertig. Wie lange lag es da herum, Tage, Stunden, liegen gelassen, vergessen, weil etwas anderes interessanter war, weil immer etwas anderes interessanter ist. Einfach so, halb trocken und verschmiert und unfertig. Das schöne Papier, die schönen Farben. Sie breitete das Packpapier aus und bettete das Bild darauf, behutsam, damit sie das Bild in ihrem Kopf nicht verlor. Niemand hatte ihre Bilder je gelobt, niemand hatte sie gesehen. Nur die Malerinnen und Maler verstanden sie, weil sie sie verstand. Künstlerseelen, verletzt. Aber jetzt würde sie das Bild zu Ende malen und es würde wunderschön werden.
Die Pinsel waren verklebt und sie musste sie erst unter fließendem Wasser spülen, Der Becher auch, auch ihn reinigte sie sorgfältig und sah zu, wie sich die wenigen Farbpartikel, die im grauen Mischmasch waren, endgültig verschwommen, der Schmutz floss ab. Sie ging noch einmal in den Keller, um den Farbkasten zu holen und reinigte die Palette sorgfältig. Vorsichtig wischte sie über jedes einzelne Farbkästchen hinweg, alles verschmiert. Sie stellte die Ordnung wieder her.
Sie stellte die Ordnung wieder her, verpasste dem Weg mehr Kontur, dem See mehr Tiefe und einen kleinen Schilfgürtel. Und ganz vorne im Bild, stand der gestiefelte Kater. Gerne hätte sie radiert, doch sie verbat es sich. Das Bild war fertig und sehr nahe an dem, das sie im Kopf hatte. Das Kind würde sich freuen, sie haben gemeinsam ein Bild gemalt und vielleicht könnten sie es beide dem maler als Bild des Kindes unterjubeln. Oder öfter gemeinsam malen. Wenn das Kind nicht immer so schlampig wäre und zumindest die Fingerabdrücke am Rand durfte sie wegradieren. Die schönen Farben, das gute, schwere Paper. Das Kind würde staunen…
„Mama, Mama, hast du mein Bild fertig gemalt? Warst du das? Mama, das war mein Bild! Mama ich hasse dich!
Tut mir leid Mama, es war mein Bild. Du hast so schön gemalt. Es war mein Bild.“
Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das vierte Wort Bild
katiza - 16. Mär, 16:59
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
1608 mal erzählt
la-mamma - 16. Mär, 22:31
ein text mit viel herzblut ...
und sie sollten beim txt-projekt auch auf ihre einträge aufmerksam machen, ich vermiss die entsprechenden links dort!
und sie sollten beim txt-projekt auch auf ihre einträge aufmerksam machen, ich vermiss die entsprechenden links dort!
katiza - 17. Mär, 07:10
Danke, Madamme Lamamme, hab ich eh - abgrundtief ist unter Katharina gelistet und das Bild hab ich noch einmal gemeldet...
la-mamma - 17. Mär, 16:54
ach so, da ist mir der neue trend zu klarnamen irgendwie entgangen. frau barbara hab ich auch schon identifiziert;-)
diefrogg - 19. Mär, 19:51
Ja, ich habe auch...
gestaunt über diese Entwicklung. Hätte Deinen Beitrag beinahe verpasst, Katharina! Wäre schade gewesen! Deshalb und auch sonst verzichte ich wohl besser darauf, mich als filomène anzumelden. Oder so.
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