Pfiad di, Wolf
Bitte Nini, keine Lyrik.
Das hast du mir geschrieben damals, Wolf, als Elisabeth gestorben ist. Ich hatte Rilkes Schlussstück – mein Mantra zu Tod und Sterben - zitiert. „Der Tod ist groß.“ Zwei Tage vorher hattest du mich angerufen: „Nini, du kennst di aus mit dem Tod, Elisabeth stirbt“. So hat unsere Freundschaft begonnen. Wir kannten uns aus dem Grätzel, dem PoC, der Bar. Wir mussten uns nicht verabreden, wir trafen uns so. Und redeten, erzählten. Wir mochten uns. Wir waren im selben Alter, eben langsam auch Alter. Mit gelebten Leben. Manchmal hat mich dein Raucherhusten vom 4. Stock ins Cafe gerufen. Wir hatten gute Gespräche, auch damals schon. Auch über den Tod. Und nachher mehr.
Reden, reden konntest du, konnten wir. Du warst interessiert. Du warst immer interessiert. An so vielen Dingen. An Wissen, an Handwerk, an Leben. Ein Genussmensch. Mit Tiefgang. Du wusstest – so schien es mir zumindest – was du essen, trinken, rauchen, reden, tun wolltest. Und weshalb genau das jetzt und wie. Ein guter Wolf warst du, kein einsamer, schon ein Rudeltier. Mit Narben und manchmal hatschend, knurrend und heulend hast du dein Revier durchstreift hast, dein Wissen geteilt. Und welche Wissensschätze. All das, was du für dich erforscht hast. Ewig Lernender. Und Lehrender. In jener Zufallsakademie, dem Grätzel.
Ich sitze hier auf Terrassien, wo du dich auch Zuhause gefühlt hast. Wo du damals auf unsere Wohnung aufgepasst hast und sie auf dich. Wo wir an Hausfreunde-Abenden gemeinsam gekocht, gegessen und geredet haben. Viele der Menschen und Geschichten, die damals bei uns waren sind mir in den letzten Tagen wieder begegnet. Ich habe viel von dir gelernt. Übers Kochen, übers Leben, übers Trauern. Auch über die Wut, die Teil deines Lebens war und den Schmerz, den du von klein auf kanntest.
Wie schön war es, als du und Andrea ein Paar wurden. So viel Liebe, Leben, Freude. Zweisamkeit wieder. Ein warmes Feuer. Ein Herd, auf dem du kochen konntest, ihr kochen konntet. Zutaten, Wissen und Handwerk kombinieren, wie in allen Dingen deines Lebens. Und das Ergebnis teilen. Mit deinem echten Gentleman-Style hast du meinen Mann bei den Hochzeitsvorbereitungen begleitet. Ihm die Hosenträger geschneidert. Deine Freude bei unserer Hochzeit werden wir wohl nie vergessen.
Der Lock-Down hat uns noch einmal näher aneinander rücken lassen. Du hast mir einen Marschtornister genäht, der mich durchs Leben begleiten wird. Alles was ich brauche, hat darin Platz. Wohl gedacht, maßgeschneidert. Ostern haben wir gefeiert und den 1. Mai in unserer Neigungsgruppe Campari. Viel gelacht, geblödelt, philosophiert. Es war eine gute Zeit.
„Seltsame Leut ziehen seltsame Leut an, deswegen sind wir wohl befreundet“, das war wohl einer der letzten Sätze, den du zu mir gesagt hast. Gut ist es, dankbar bin ich dafür, dass ich wir befreundet waren, sind.
„Wer wird mich jetzt füttern?“ hat Andrea mich am Abend nachher gefragt. Ja. Wer wird uns jetzt füttern? Mit seinem Wissen, seinen Erfahrungen, seinen Ideen, seinen Widersprüchen, seinem Interesse, seiner Neugier? Der Wolf hat das Rudel verlassen. Ich werde seinen Ruf vermissen. Ich heul ihm nach.
Keine Lyrik, Wolf, ich weiß schon. Du warst nicht Lyrik, dein Leben war ein Roman. Und doch ein Zitat von Viktor Frankl, das mir in den Tagen nach deinem Tod zugefallen ist. „Der “Roman“, den einer gelebt hat, ist noch immer eine unvergleichlich größere schöpferische Leistung als der, den jemand geschrieben hat.“
Du hast uns gefüttert, das bleibt, du bleibst, wann immer wir an dich denken.
Wie sagtest du
F*ck!
RIP Wolf Andreykow und lebe weiter in unseren Herzen.
Das hast du mir geschrieben damals, Wolf, als Elisabeth gestorben ist. Ich hatte Rilkes Schlussstück – mein Mantra zu Tod und Sterben - zitiert. „Der Tod ist groß.“ Zwei Tage vorher hattest du mich angerufen: „Nini, du kennst di aus mit dem Tod, Elisabeth stirbt“. So hat unsere Freundschaft begonnen. Wir kannten uns aus dem Grätzel, dem PoC, der Bar. Wir mussten uns nicht verabreden, wir trafen uns so. Und redeten, erzählten. Wir mochten uns. Wir waren im selben Alter, eben langsam auch Alter. Mit gelebten Leben. Manchmal hat mich dein Raucherhusten vom 4. Stock ins Cafe gerufen. Wir hatten gute Gespräche, auch damals schon. Auch über den Tod. Und nachher mehr.
Reden, reden konntest du, konnten wir. Du warst interessiert. Du warst immer interessiert. An so vielen Dingen. An Wissen, an Handwerk, an Leben. Ein Genussmensch. Mit Tiefgang. Du wusstest – so schien es mir zumindest – was du essen, trinken, rauchen, reden, tun wolltest. Und weshalb genau das jetzt und wie. Ein guter Wolf warst du, kein einsamer, schon ein Rudeltier. Mit Narben und manchmal hatschend, knurrend und heulend hast du dein Revier durchstreift hast, dein Wissen geteilt. Und welche Wissensschätze. All das, was du für dich erforscht hast. Ewig Lernender. Und Lehrender. In jener Zufallsakademie, dem Grätzel.
Ich sitze hier auf Terrassien, wo du dich auch Zuhause gefühlt hast. Wo du damals auf unsere Wohnung aufgepasst hast und sie auf dich. Wo wir an Hausfreunde-Abenden gemeinsam gekocht, gegessen und geredet haben. Viele der Menschen und Geschichten, die damals bei uns waren sind mir in den letzten Tagen wieder begegnet. Ich habe viel von dir gelernt. Übers Kochen, übers Leben, übers Trauern. Auch über die Wut, die Teil deines Lebens war und den Schmerz, den du von klein auf kanntest.
Wie schön war es, als du und Andrea ein Paar wurden. So viel Liebe, Leben, Freude. Zweisamkeit wieder. Ein warmes Feuer. Ein Herd, auf dem du kochen konntest, ihr kochen konntet. Zutaten, Wissen und Handwerk kombinieren, wie in allen Dingen deines Lebens. Und das Ergebnis teilen. Mit deinem echten Gentleman-Style hast du meinen Mann bei den Hochzeitsvorbereitungen begleitet. Ihm die Hosenträger geschneidert. Deine Freude bei unserer Hochzeit werden wir wohl nie vergessen.
Der Lock-Down hat uns noch einmal näher aneinander rücken lassen. Du hast mir einen Marschtornister genäht, der mich durchs Leben begleiten wird. Alles was ich brauche, hat darin Platz. Wohl gedacht, maßgeschneidert. Ostern haben wir gefeiert und den 1. Mai in unserer Neigungsgruppe Campari. Viel gelacht, geblödelt, philosophiert. Es war eine gute Zeit.
„Seltsame Leut ziehen seltsame Leut an, deswegen sind wir wohl befreundet“, das war wohl einer der letzten Sätze, den du zu mir gesagt hast. Gut ist es, dankbar bin ich dafür, dass ich wir befreundet waren, sind.
„Wer wird mich jetzt füttern?“ hat Andrea mich am Abend nachher gefragt. Ja. Wer wird uns jetzt füttern? Mit seinem Wissen, seinen Erfahrungen, seinen Ideen, seinen Widersprüchen, seinem Interesse, seiner Neugier? Der Wolf hat das Rudel verlassen. Ich werde seinen Ruf vermissen. Ich heul ihm nach.
Keine Lyrik, Wolf, ich weiß schon. Du warst nicht Lyrik, dein Leben war ein Roman. Und doch ein Zitat von Viktor Frankl, das mir in den Tagen nach deinem Tod zugefallen ist. „Der “Roman“, den einer gelebt hat, ist noch immer eine unvergleichlich größere schöpferische Leistung als der, den jemand geschrieben hat.“
Du hast uns gefüttert, das bleibt, du bleibst, wann immer wir an dich denken.
Wie sagtest du
F*ck!
RIP Wolf Andreykow und lebe weiter in unseren Herzen.
katiza - 14. Aug, 11:55
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