Araber (2)
Tina rutschte von Abduls Rücken direkt in Lenas helfend ausgebreitete Arme. Keine von Beiden wusste später, wer mit dem Kuss begonnen hatte. Beide wussten aber, dass sie ihn nicht beenden wollten. Vielleicht auch um nicht darüber nachdenken zu müssen, so wie manche Soldaten nicht wollen, dass ein Krieg endet, um Soldat zu bleiben und nicht Kriegsverbrecher zu werden.
Lena hatte Tina eine Reitstunde auf ihrem Pferd gegeben. Sie wollte der neuen Freundin helfen, die Angst vor den großen Tieren, die Tinas Tochter Sarah so liebte, zu nehmen. Schnell war diese sicherer geworden und hatte sich fast schon ehrgeizig auf den Unterricht eingelassen. Ohne Sattel war sie an der Longe im Kreis geritten, erst im gemütlichen Schritt, dann im Trab und lachend sogar eine Runde Galopp. Sie machte ihre Sache gut, befand Lena, die fasziniert beobachtete wie die schöne Frau sich dem Rhythmus des Tieres anpasste, ja hingab. Nur jetzt, nach fast 50 Minuten, war wieder Angst aufgetaucht – vor dem Absteigen. Und so hatte ihr Lena strahlend die Arme entgegengestreckt: "Spring, ich fang dich auf." Tina glitt vom Pferd, ihre blauen Augen tauchten in Lenas Augen, ihr Haar schwang vor und strich sanft über Lenas Gesicht. Kurz lachten sie Beide und schon berührten sich ihre Lippen, öffneten sich die Münder und wagten sich vorsichtig ihre Zungen vor. Sie waren fast gleich groß und ihre Brüste schmiegten sich aneinander. Abdul blieb ruhig stehen, wie um die Liebenden vor fremden Blicken zu schützen, oder auch vor den Blicken derer, die sie liebten. "Nicht – Sarah. Bitte", stammelte Tina und dieses "Bitte" klang nicht abweisend, nur verwirrt. "Schscht", antwortete Lena. Wieder begegneten sich die Augen. Lena rollte die Longe auf, konzentrierte sich ganz auf das Pferd und versuchte ihre Gedanken zu zügeln.
Es war zwanzig Jahre her, dass sie zuletzt eine Frau geküsst hatte. Marie, wen sonst? Ihre beiden Freunde waren fort gegangen. Männerabend. Und die Mädels blieben zuhause, tranken Martini und blödelten betrunken. Und plötzlich küssten sie sich. Während sie Abdul schweigend zum Stall führte, Tina wortlos an ihrer Seite, erinnerte sie sich plötzlich, wie sich Maries großer weicher Busen angefühlt hatte und fast konnte sie wieder ihrer Martini-Zunge schmecken. Mehr war nicht passiert. Die Jungs waren heimgekommen und Marie und sie hatten nie wieder ein Wort darüber verloren. Nicht einmal ihrem Tagebuch hatte sie davon erzählt. Zu gerne hätte sie gewusst, was Tina gerade dachte, über sie, über den Kuss, den sie doch auch gewollt hatte. So hatte es sich zumindest angefühlt.
Der Hengst spürte die Spannung. Nervös tänzelte er in seine Box. Wieder trafen sich die Augen der Frauen. Lena hätte gerne irgendetwas gesagt, aber was hätte sie sagen können, sollen? So streichelte sie Abduls Hals. Als Tinas Handy piepsend eine SMS ankündigte, erschraken alle drei. Die las, presste kurz ihre Lippen aufeinander, räusperte sich: "Von Sarah, der Ausritt dauert. Sie wird in einer Stunde da sein." "Oh". Und dann küssten sie sich wieder, hungrig, in einer Ecke der Box. Lenas Hände wanderten unter Tinas T-Shirt. Sie spürte die heiße, weiche Haut, die Rippen, den Sport-BH, die kleinen festen Brüste. Und dass ihre Berührungen von der anderen erwidert wurden. Als sie kurz die Augen öffnete, sah sie Abduls Augen. Regungslos stand das Pferd da, wie zum Schutz der Frauen und beobachtete sie. So erschien es Lena zumindest und sie schloss ihre Augen wieder und ließ sich ganz ins Gefühl fallen. Sie spürte auch Widerstand in sich, in der anderen. Tinas Mund löste sich von ihrem. "Ich bin nicht…", sagte sie leise. "Ich doch auch nicht", antwortete Lena: "Ich weiß nicht…""Vielleicht sollten wir gehen." "Abdul, wir müssen uns noch um Abdul kümmern." Gemeinsam putzten sie das Pferd, wieder wortlos.
Erst im Klubhaus fanden sie die Sprache wieder. Zurück in der Menschenwelt. Bei einem Glas Wein warteten sie auf Sarahs Rückkehr. Tina erzählte von Sarah, die langsam den Tod des Vaters verarbeitete. Über ihre eigenen Gefühle verriet sie wenig. In ihren Worten glaubte Lena aber Zorn wahr zu nehmen, als hätte er sie verlassen, als wäre er absichtlich mit dem Auto verunglückt. Vielleicht half der Zorn ja, dachte sie. Sie suchte Tinas Augen und mied sie. Sie betrachtete ihre Lippen. Sie sehnte sich nach mehr Küssen und fürchtete sich.
Als Sarah lachend ins Klubhaus kam, war Lena schuldbewusst und erleichtert zugleich. Und auch Tina schien befreit. Sie umarmte die Tochter. Lena konzentrierte all ihre Sehnsucht auf Walter, der hinter dem aufgekratzten Mädchen bei der Tür herein kam. Er schenkte ihr sein Bubenlächeln und alles schien wieder richtig und gut.
"Wie war die Reitstunde, Mama?" wollte Sarah irgendwann wissen. "Einmalig", antwortete Tina und lächelte Lena an. Und alles war gut.
(Fortsetzung folgt)
Lena hatte Tina eine Reitstunde auf ihrem Pferd gegeben. Sie wollte der neuen Freundin helfen, die Angst vor den großen Tieren, die Tinas Tochter Sarah so liebte, zu nehmen. Schnell war diese sicherer geworden und hatte sich fast schon ehrgeizig auf den Unterricht eingelassen. Ohne Sattel war sie an der Longe im Kreis geritten, erst im gemütlichen Schritt, dann im Trab und lachend sogar eine Runde Galopp. Sie machte ihre Sache gut, befand Lena, die fasziniert beobachtete wie die schöne Frau sich dem Rhythmus des Tieres anpasste, ja hingab. Nur jetzt, nach fast 50 Minuten, war wieder Angst aufgetaucht – vor dem Absteigen. Und so hatte ihr Lena strahlend die Arme entgegengestreckt: "Spring, ich fang dich auf." Tina glitt vom Pferd, ihre blauen Augen tauchten in Lenas Augen, ihr Haar schwang vor und strich sanft über Lenas Gesicht. Kurz lachten sie Beide und schon berührten sich ihre Lippen, öffneten sich die Münder und wagten sich vorsichtig ihre Zungen vor. Sie waren fast gleich groß und ihre Brüste schmiegten sich aneinander. Abdul blieb ruhig stehen, wie um die Liebenden vor fremden Blicken zu schützen, oder auch vor den Blicken derer, die sie liebten. "Nicht – Sarah. Bitte", stammelte Tina und dieses "Bitte" klang nicht abweisend, nur verwirrt. "Schscht", antwortete Lena. Wieder begegneten sich die Augen. Lena rollte die Longe auf, konzentrierte sich ganz auf das Pferd und versuchte ihre Gedanken zu zügeln.
Es war zwanzig Jahre her, dass sie zuletzt eine Frau geküsst hatte. Marie, wen sonst? Ihre beiden Freunde waren fort gegangen. Männerabend. Und die Mädels blieben zuhause, tranken Martini und blödelten betrunken. Und plötzlich küssten sie sich. Während sie Abdul schweigend zum Stall führte, Tina wortlos an ihrer Seite, erinnerte sie sich plötzlich, wie sich Maries großer weicher Busen angefühlt hatte und fast konnte sie wieder ihrer Martini-Zunge schmecken. Mehr war nicht passiert. Die Jungs waren heimgekommen und Marie und sie hatten nie wieder ein Wort darüber verloren. Nicht einmal ihrem Tagebuch hatte sie davon erzählt. Zu gerne hätte sie gewusst, was Tina gerade dachte, über sie, über den Kuss, den sie doch auch gewollt hatte. So hatte es sich zumindest angefühlt.
Der Hengst spürte die Spannung. Nervös tänzelte er in seine Box. Wieder trafen sich die Augen der Frauen. Lena hätte gerne irgendetwas gesagt, aber was hätte sie sagen können, sollen? So streichelte sie Abduls Hals. Als Tinas Handy piepsend eine SMS ankündigte, erschraken alle drei. Die las, presste kurz ihre Lippen aufeinander, räusperte sich: "Von Sarah, der Ausritt dauert. Sie wird in einer Stunde da sein." "Oh". Und dann küssten sie sich wieder, hungrig, in einer Ecke der Box. Lenas Hände wanderten unter Tinas T-Shirt. Sie spürte die heiße, weiche Haut, die Rippen, den Sport-BH, die kleinen festen Brüste. Und dass ihre Berührungen von der anderen erwidert wurden. Als sie kurz die Augen öffnete, sah sie Abduls Augen. Regungslos stand das Pferd da, wie zum Schutz der Frauen und beobachtete sie. So erschien es Lena zumindest und sie schloss ihre Augen wieder und ließ sich ganz ins Gefühl fallen. Sie spürte auch Widerstand in sich, in der anderen. Tinas Mund löste sich von ihrem. "Ich bin nicht…", sagte sie leise. "Ich doch auch nicht", antwortete Lena: "Ich weiß nicht…""Vielleicht sollten wir gehen." "Abdul, wir müssen uns noch um Abdul kümmern." Gemeinsam putzten sie das Pferd, wieder wortlos.
Erst im Klubhaus fanden sie die Sprache wieder. Zurück in der Menschenwelt. Bei einem Glas Wein warteten sie auf Sarahs Rückkehr. Tina erzählte von Sarah, die langsam den Tod des Vaters verarbeitete. Über ihre eigenen Gefühle verriet sie wenig. In ihren Worten glaubte Lena aber Zorn wahr zu nehmen, als hätte er sie verlassen, als wäre er absichtlich mit dem Auto verunglückt. Vielleicht half der Zorn ja, dachte sie. Sie suchte Tinas Augen und mied sie. Sie betrachtete ihre Lippen. Sie sehnte sich nach mehr Küssen und fürchtete sich.
Als Sarah lachend ins Klubhaus kam, war Lena schuldbewusst und erleichtert zugleich. Und auch Tina schien befreit. Sie umarmte die Tochter. Lena konzentrierte all ihre Sehnsucht auf Walter, der hinter dem aufgekratzten Mädchen bei der Tür herein kam. Er schenkte ihr sein Bubenlächeln und alles schien wieder richtig und gut.
"Wie war die Reitstunde, Mama?" wollte Sarah irgendwann wissen. "Einmalig", antwortete Tina und lächelte Lena an. Und alles war gut.
(Fortsetzung folgt)
katiza - 6. Dez, 12:38
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