Karottenknacken
Gestern war bei Stern TV der Psychoakustiker Friedrich Bluntner und sprach über Sound-Design bei Nahrungsmitteln. "Das Ohr isst mit." Karottenknacken wurde eingespielt. Online gibt es ein nettes Quiz um Nahrungsmittelgeräusche zu erraten.
Ich habe dann ein wenig im Netz recherchiert: Der Mann befasst sich nicht nur mit dem klangoptimalen Design von Bierflaschen oder durch ihren knackigen Klang besonders schmackhaften Eiswaffeln, sondern auch mit den feinen Einschenkgeräuschunterschieden zwischen rotem und weißen Wein. In einem Artikel bei arte über ihn wird der Philosoph Lorenz Oken zitiert, der schrieb, dass das Auge den Menschen in die Welt führe, aber das Ohr die Welt in den Menschen. Ein Gedanke, der mir schon durch Joachim-Ernst Behrendt vertraut war, aber mir jetzt erst wirklich bewusst war.
Seit bald zwei Wochen bin ich von Bodingbach wieder hier. Eine Woche habe ich dort im Naikan-Haus in großer Stille verbracht. Zum dritten Mal schon eine Woche schweigen, kaum Interaktion mit den anderen, die so nah in den Kojen links, rechts und gegenüber sind. Eine Woche nachdenken über mein Leben, aus der Ferne Kuhgebimmel, einmal täglich die Dampfeisenbahn und nur selten ein Auto oder gar Stimmen.
Innenschau mit den drei Fragen:
• Was hat die Person (Mutter, Vater, Geschwister, PartnerIn) für mich getan?
• Was habe ich für sie getan?
• Wie habe ich ihr Schwierigkeiten bereitet?
Im Zeitraum 0 bis 6 Jahre, 6 bis 10, 10 bis 14, usw. bis in die Gegenwart. Alle eineinhalb Stunden spreche ich mit Helga Hartl, die uns begleitet.
Ordnung im Zimmer machen, hat es Josef letztes Jahr genannt: "Und wenn dein Zimmer einmal richtig aufgeräumt ist, wirst du immer wissen, wie es ist, wenn Ordnung ist."
Eine Woche nichts lesen, keine Musik. Wortlos essen – jedes Karottenknacken wirkt laut. Ohne Worte zusammen arbeiten - während der einen ersehnten Stunde Arbeitsmeditation täglich. Und dazwischen Zen sitzen, fünf, sechs Stunden im Dojo. Irgendwann fluten die Bilder. Das kleine Mädchen, das sich im Kreis gedreht hat, bis es hingefallen ist und sich dann am tanzenden Himmel erfreut hat. Der zynische Teenager, der Menschen benutzt hat um sich pathetisch selbst zu verletzen. Die ver-rückte junge Frau hinter der Bar, die fast im Alkohol ersoffen wäre.
Die liebende Mutter, die es tatsächlich gut gemeint hat und vielleicht nicht schlecht sondern nur voll getroffen hat. Der gütige Vater, der immer mein bestes wollte aber nie etwas gefordert hat. Der Liebste, der mein Leben in Ordnung hält und das Chaos immer zugelassen hat, das ich ihm ins Haus gebracht habe. Die Freundin, die immer selbstverständlich da war und nie gewürdigt war, weil ich Schmetterlingen hinterher jagte. Der Geliebte, der…
Und was habe ich für sie getan: Blumen gepflückt, Gedichte geschrieben, gekocht, zu aller Zeit das Telefon abgehoben.
Und die Schwierigkeiten. So viele. "Ich bin ein Teil von jener Kraft, die oft das Gute will und oft das Böse schafft, frei nach Faust", sagt die Mock Turtle mit einem Seufzer. Nein bin ich nicht – ich bin einfach eine riesengroße Egoistin, die sich Jahre ihres Lebens mit selbstverliebter Nabelschau vertrieben hat.
Langsam gewöhne ich mich wieder an den Lärm, der wie ein dicker Wattebausch auf dem Weg nach innen wirkt. Die Medien haben mich wieder. Das Handy liegt in Reichweite, ich habe ein Blog gestartet. Kommunikation, mein Leben, mein Geschäft. So manches, was für mich getan wurde, habe ich schon wieder übersehen, nicht immer habe ich was für andere getan und ich hab meinen Mitmenschen (und damit auch mir) schon wieder jede Menge Schwierigkeiten bereitet, aber ich weiß, wie mein aufgeräumtes Zimmer aussieht.
Ich habe dann ein wenig im Netz recherchiert: Der Mann befasst sich nicht nur mit dem klangoptimalen Design von Bierflaschen oder durch ihren knackigen Klang besonders schmackhaften Eiswaffeln, sondern auch mit den feinen Einschenkgeräuschunterschieden zwischen rotem und weißen Wein. In einem Artikel bei arte über ihn wird der Philosoph Lorenz Oken zitiert, der schrieb, dass das Auge den Menschen in die Welt führe, aber das Ohr die Welt in den Menschen. Ein Gedanke, der mir schon durch Joachim-Ernst Behrendt vertraut war, aber mir jetzt erst wirklich bewusst war.
Seit bald zwei Wochen bin ich von Bodingbach wieder hier. Eine Woche habe ich dort im Naikan-Haus in großer Stille verbracht. Zum dritten Mal schon eine Woche schweigen, kaum Interaktion mit den anderen, die so nah in den Kojen links, rechts und gegenüber sind. Eine Woche nachdenken über mein Leben, aus der Ferne Kuhgebimmel, einmal täglich die Dampfeisenbahn und nur selten ein Auto oder gar Stimmen.
Innenschau mit den drei Fragen:
• Was hat die Person (Mutter, Vater, Geschwister, PartnerIn) für mich getan?
• Was habe ich für sie getan?
• Wie habe ich ihr Schwierigkeiten bereitet?
Im Zeitraum 0 bis 6 Jahre, 6 bis 10, 10 bis 14, usw. bis in die Gegenwart. Alle eineinhalb Stunden spreche ich mit Helga Hartl, die uns begleitet.
Ordnung im Zimmer machen, hat es Josef letztes Jahr genannt: "Und wenn dein Zimmer einmal richtig aufgeräumt ist, wirst du immer wissen, wie es ist, wenn Ordnung ist."
Eine Woche nichts lesen, keine Musik. Wortlos essen – jedes Karottenknacken wirkt laut. Ohne Worte zusammen arbeiten - während der einen ersehnten Stunde Arbeitsmeditation täglich. Und dazwischen Zen sitzen, fünf, sechs Stunden im Dojo. Irgendwann fluten die Bilder. Das kleine Mädchen, das sich im Kreis gedreht hat, bis es hingefallen ist und sich dann am tanzenden Himmel erfreut hat. Der zynische Teenager, der Menschen benutzt hat um sich pathetisch selbst zu verletzen. Die ver-rückte junge Frau hinter der Bar, die fast im Alkohol ersoffen wäre.
Die liebende Mutter, die es tatsächlich gut gemeint hat und vielleicht nicht schlecht sondern nur voll getroffen hat. Der gütige Vater, der immer mein bestes wollte aber nie etwas gefordert hat. Der Liebste, der mein Leben in Ordnung hält und das Chaos immer zugelassen hat, das ich ihm ins Haus gebracht habe. Die Freundin, die immer selbstverständlich da war und nie gewürdigt war, weil ich Schmetterlingen hinterher jagte. Der Geliebte, der…
Und was habe ich für sie getan: Blumen gepflückt, Gedichte geschrieben, gekocht, zu aller Zeit das Telefon abgehoben.
Und die Schwierigkeiten. So viele. "Ich bin ein Teil von jener Kraft, die oft das Gute will und oft das Böse schafft, frei nach Faust", sagt die Mock Turtle mit einem Seufzer. Nein bin ich nicht – ich bin einfach eine riesengroße Egoistin, die sich Jahre ihres Lebens mit selbstverliebter Nabelschau vertrieben hat.
Langsam gewöhne ich mich wieder an den Lärm, der wie ein dicker Wattebausch auf dem Weg nach innen wirkt. Die Medien haben mich wieder. Das Handy liegt in Reichweite, ich habe ein Blog gestartet. Kommunikation, mein Leben, mein Geschäft. So manches, was für mich getan wurde, habe ich schon wieder übersehen, nicht immer habe ich was für andere getan und ich hab meinen Mitmenschen (und damit auch mir) schon wieder jede Menge Schwierigkeiten bereitet, aber ich weiß, wie mein aufgeräumtes Zimmer aussieht.
katiza - 10. Aug, 16:45
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