The queen is back
Und da sitzt sie plötzlich, vorwitzig im Windfang mit komfortabel überschlagenen Beinen. Ganz sauber und adrett – ordentlich. Wie in all den Wochen, in denen sie neben dem König an meiner Mutter Bett gewacht hat – wohl platziert auf einem Krankenhaus Kästchen, zwischen anderen Privatheiten auf der Sonderstation. Weihnachtsgeschenke: Fotos, Bücher, kleine Geschenke für das Personal. Der Radio, das Handy.

Jetzt, ein paar Zimmer weiter, finden sich nur mehr Handy und Radio am Nachttisch und eine Postkarte, die dir Bärenhunger wünscht. In der Schublade noch immer Schoko für die lieben Schwestern und Pfleger – das sei wie Zigaretten im Gefängnis, eine Währung, hat Mama grinsend dem 1. Offizier geflüstert. Im anderen Krankenhaus, im Sanatorium, vorletzte Woche oder die Woche davor.

Längst ist die Zeit aus den Fugen geraten – nur mehr Wochenenden heben sich ab, durch die Besuche des Geliebtesten. Wir freuen uns immer darauf, beide. Nicht dass unsere Wochen langweilig wären. Jeder Tag hält neue Überraschungen für uns bereit. „Rise like a phoenix“. Überraschungen wie die kleine Königin, die am Tage des Eingriffs hier auf mich gewartet hat. Keine Ahnung, wer sie damals vor wohl 100 Tagen gefunden hat und aufbewahrt bis der Frühling kommt. Jetzt ist sie wieder da. Und thront oben im Zimmer neben der Vaterpuppe, dem großen König mit dem herausnehmbaren Herz.

Die Mutter hat sich von allen verabschiedet, bevor sie ins Krankenhaus gegangen ist. Erst hat es weh getan, das mitanzuhören, dann habe ich verstanden, ich hätte es nicht anders gemacht. Das Haus in Ordnung, die Koffer gepackt für jene Reise, die wir nicht meist nicht antreten wollen und doch alle irgendwann müssen. Kein überstürzter Aufbruch, die „schreckliche Wahrheit“ gibt auch Zeit. "Ja, ich werde sterben", schreibt die krebskranke Ärztin Dr. Kate Granger in ihrem Blog: "Aber ich habe mehr Glück als die meisten anderen. Ich konnte mich darauf vorbereiten."
Rilke hallt in meinem Kopf:
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.

Weiß ich doch, wusste ich doch. Den Tod mochte ich immer irgendwie und auch jetzt, wo er seit Monaten mit uns lebte, vermag er mir nicht Angst zu machen – mitten in uns. Auch der Mutter nicht, glaube ich. Nur dieses Sitzen quält uns auf den gepackten Koffern, die Hoffnung, die gestundete Zeit. Es kommen härtere Tage.
Ich bleibe, habe ich versprochen, erkläre ich dem Pfleger, der sich sorgt. Er redet von Selbstaufgabe, ich von Zen, Naikan, Systemischem. „Mein Ashram“ nenne ich das Haus, mein „Zen-Kloster“ und täglich stellt mich die Meisterin vor neue Aufgaben. „Vermisst du Wien?“, will sie wissen, während wir die Rosen vor dem Krankenhausfenster betrachten. „Ja“ – die Mutter soll, darf, kann ich nicht belügen. Die Wohnung sage ich, die Kleider, die Schuhe, weil sie das vielleicht versteht. Über die Taschen haben wir geredet, erfüllte Sehnsüchte, nie getragen. Babykroko wird wieder wertvoll. „Aber Wien läuft mir nicht davon…“

Die Mutter soll, darf und kann ich nicht belügen und so spürt sie wohl etwas von der Verzweiflung, die mich umfasst. Auch im Zen wird geweint. Im Ashram gezweifelt. Hat sie es mir zuliebe getan? Den Eingriff, der ihr Zeit und Lebensqualität gibt und mir beides nimmt. Nicht für immer – es gibt kein immer für niemanden. Für eine unbestimmte gestundete Zeit.
Eine Brücke habe ich abgebrochen, nicht wegen ihr, sondern weil sie morsch und wurmig war und jedes Mal darüber gehen, mir Angst gemacht hat. Ich weiß, dass ich wieder auf die andere Seite komme, ich werde neue Brücken entdecken, selbst welche schlagen oder einfach Segel setzen, wie mein Alter Ego, die Piratenkönigin. Ich bin nicht verloren, die Menschen senden mir Zeichen, der 1. Offizier erweist sich als „Knight in Shining Armour“
.
Und so sitzen wir weiter, mit gepackten Koffern. „Deine Schuhe solltest du putzen“, meint die Mutter und schweigt. „Hast du viel erledigen können?“ The queen is back.

Jetzt, ein paar Zimmer weiter, finden sich nur mehr Handy und Radio am Nachttisch und eine Postkarte, die dir Bärenhunger wünscht. In der Schublade noch immer Schoko für die lieben Schwestern und Pfleger – das sei wie Zigaretten im Gefängnis, eine Währung, hat Mama grinsend dem 1. Offizier geflüstert. Im anderen Krankenhaus, im Sanatorium, vorletzte Woche oder die Woche davor.

Längst ist die Zeit aus den Fugen geraten – nur mehr Wochenenden heben sich ab, durch die Besuche des Geliebtesten. Wir freuen uns immer darauf, beide. Nicht dass unsere Wochen langweilig wären. Jeder Tag hält neue Überraschungen für uns bereit. „Rise like a phoenix“. Überraschungen wie die kleine Königin, die am Tage des Eingriffs hier auf mich gewartet hat. Keine Ahnung, wer sie damals vor wohl 100 Tagen gefunden hat und aufbewahrt bis der Frühling kommt. Jetzt ist sie wieder da. Und thront oben im Zimmer neben der Vaterpuppe, dem großen König mit dem herausnehmbaren Herz.

Die Mutter hat sich von allen verabschiedet, bevor sie ins Krankenhaus gegangen ist. Erst hat es weh getan, das mitanzuhören, dann habe ich verstanden, ich hätte es nicht anders gemacht. Das Haus in Ordnung, die Koffer gepackt für jene Reise, die wir nicht meist nicht antreten wollen und doch alle irgendwann müssen. Kein überstürzter Aufbruch, die „schreckliche Wahrheit“ gibt auch Zeit. "Ja, ich werde sterben", schreibt die krebskranke Ärztin Dr. Kate Granger in ihrem Blog: "Aber ich habe mehr Glück als die meisten anderen. Ich konnte mich darauf vorbereiten."
Rilke hallt in meinem Kopf:
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.

Weiß ich doch, wusste ich doch. Den Tod mochte ich immer irgendwie und auch jetzt, wo er seit Monaten mit uns lebte, vermag er mir nicht Angst zu machen – mitten in uns. Auch der Mutter nicht, glaube ich. Nur dieses Sitzen quält uns auf den gepackten Koffern, die Hoffnung, die gestundete Zeit. Es kommen härtere Tage.
Ich bleibe, habe ich versprochen, erkläre ich dem Pfleger, der sich sorgt. Er redet von Selbstaufgabe, ich von Zen, Naikan, Systemischem. „Mein Ashram“ nenne ich das Haus, mein „Zen-Kloster“ und täglich stellt mich die Meisterin vor neue Aufgaben. „Vermisst du Wien?“, will sie wissen, während wir die Rosen vor dem Krankenhausfenster betrachten. „Ja“ – die Mutter soll, darf, kann ich nicht belügen. Die Wohnung sage ich, die Kleider, die Schuhe, weil sie das vielleicht versteht. Über die Taschen haben wir geredet, erfüllte Sehnsüchte, nie getragen. Babykroko wird wieder wertvoll. „Aber Wien läuft mir nicht davon…“

Die Mutter soll, darf und kann ich nicht belügen und so spürt sie wohl etwas von der Verzweiflung, die mich umfasst. Auch im Zen wird geweint. Im Ashram gezweifelt. Hat sie es mir zuliebe getan? Den Eingriff, der ihr Zeit und Lebensqualität gibt und mir beides nimmt. Nicht für immer – es gibt kein immer für niemanden. Für eine unbestimmte gestundete Zeit.
Eine Brücke habe ich abgebrochen, nicht wegen ihr, sondern weil sie morsch und wurmig war und jedes Mal darüber gehen, mir Angst gemacht hat. Ich weiß, dass ich wieder auf die andere Seite komme, ich werde neue Brücken entdecken, selbst welche schlagen oder einfach Segel setzen, wie mein Alter Ego, die Piratenkönigin. Ich bin nicht verloren, die Menschen senden mir Zeichen, der 1. Offizier erweist sich als „Knight in Shining Armour“
.
Und so sitzen wir weiter, mit gepackten Koffern. „Deine Schuhe solltest du putzen“, meint die Mutter und schweigt. „Hast du viel erledigen können?“ The queen is back.
katiza - 19. Mai, 17:28
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
605 mal erzählt
Trackback URL:
https://katiza.twoday.net/stories/the-queen-is-back/modTrackback