30
Nov
2014

Sansibar III: Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo Im Muschelkalk.

Salme, oh Salme, du Inselprinzessin. Wie musst du Sansibar vermisst haben. Schwanger hast du deine Insel verlassen, im vierten Monat, um der Steinigung zu entgehen; 22 Jahre alt, schwanger, von einem Ungläubigen, dem deutschen Kaufmann Heinrich Ruete. Er hatte in Stone Town im Nachbarhaus der vermögenden und selbstbewussten Sultanstocher gewohnt und über die Gassen der Stadt hinweg, ist ihre Liebe 1866 entstanden: „Das flache Dach des selben, lag unterhalb des meinem und von einem Fenster des oberen Stockwerks aus, war ich oftmals Zeuge von fröhlichen Herrengesellschaften, , die er, um mir die Art der europäischen Mahlzeiten zu zeigen, arrangiert hatte. Unsere Freundschaft, aus der sich mit der Zeit eine innige Liebe entwickelte, wurde bald in der Stadt bekannt und auch mein Bruder Majid erfuhr davon“, schreibt Emily Ruete, zu der sie im fernen Deutschland geworden war, zwanzig Jahre später in den „Memoiren einer Prinzessin aus Sansibar“. Noch auf der Fahrt wurde sie Christin. Drei Jahre später war sie Witwe, der geliebte Mann kam bei einem Pferdestraßenbahnunglück ums Leben. Sie musste drei Kinder durchbringen - die Memoiren, haben geholfen, gestorben in Jena, begraben in Hamburg. Nur einmal ist sie nach Sansibar zurückgekehrt. Ihr Leben lang hat sie sich danach gesehnt. Heute">http://www.mtoni.com/index.php/mtonipalace/item/44">Heute ist sie Folkore-Element und hilft so Konservierungsprojekte umzusetzen. Und so ist der Sultansdarsteller Fundi – Handwerker – bei Tag und Conferencier des Nachts.

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Aber die gibt es auch noch diese andere Seite der Geschichte, deren Schatten nicht zu übersehen ist.. Der Reichtum Sansibars, von dem die berühmten Türen Stone-Towns künden, beruhte auf Sklavenhandel. Fast zwei Jahrhundert lang war die Insel unter der Herrschaft des Sultans von Omar Zentrum des ostafrikanischen Sklavenhandels, der im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte. Salmes Vater, Said ibn Sultan, hat die legendären Gewürznelkenplantagen der Insel von Sklaven bestellen lassen. Als die Nachfrage aus den USA und Brasilien sank, wurde der Markt in den Nahen Osten verlegt. Wir standen vor Tippu-Tips Haus. Der berühmte Sklavenhändler mit aristokratischem Hintergrund – er war dabei als Stanley „Dr. Livingstone, I presume?“ http://de.wikipedia.org/wiki/David_Livingstone sagte. Kerker und Höhlen zeugen von dieser Zeit, Menschenlager, in denen diejenigen, die die lange Reise aus dem Herzen Afrikas auf die Gewürzinsel überlebt haben, wie Sardinen gestapelt wurden, bevor sie frisch geölt am Marktplatz verkauft wurden. Manche wurden unterwegs entsorgt auf hoher See, wenn Kontrollschiffe der Briten nahten. Lampedusa kommt mir in den Sinn. Und Reunion. Inselwelten.

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Längst ist es ein Monat her, dass wir zurück sind, das Christkind war da und die Haut des 1. Offizier ist noch immer gerötet vom „Henna“-Tatoo von Mama Africa. Und nachdem ich aus dem Tränensee rund ums Fest wieder aufgetaucht bin, sind wir mit den Maidsen, den bezaubernden Nichten des Geliebtesten im Nixenkostüm untergetaucht. Es gibt ein Leben nach dem Tod.

So viel Glück ist mir beschieden. Allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel…

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Nachtrag Sansibar II: Wenn man einmal in Sansibar

Schnell hat uns die Insel erreicht und wir sie. Gerüche, Geräusche, die Temperatur bei 30 Grad angenehm. Das Hotel passt; für, zu uns. „Mbweni Ruins“. Ylang-Ylang Zimmer, 1. Stock, Kolonialstil, blau und dunkles Holz, sauber, sehr. Ein kleines Reich mit Moskitonetz und warmen Licht, mit Terrasse und Kerze. Zu unseren Füßen Bar und Strand – und das Meer; wenn es da ist. Gerade in diesen November-Vollmondnächten nahe des Äquators zieht es sich alles sechs Stunden weit zurück, noch weiter als sonst, um dann wiederzukehren – rudi - und die Mangroven zu umspülen. So blau, so klar und rein. Das Meer ist eine Frau. Unser Meer nannten wir es schnell. Bahari.

Und die Menschen, so schöne Menschen. Die Männer oft Lauser, verschmitzt, schlau, und doch auch stolz – die Frauen Königinnen, kaum eine trägt ihr Haar unbedeckt und selbst jene, die sich Big Mama nennt und mir ein überteuertes sicher hochallergenes Henna Tattoo auf meine Hand pinselt, in Stone Town, im Fort, wo nur Touris sind und die Händlerinnen, befolgt das Gebot. Big Mama trägt Perücke, stelle ich fest. Da sitz ich mit meinen wilden Haaren und lass mir die Hand bemalen, während die Frauen um mich schnattern und jeden, der den Kopf bei der Pforte im alten Gemäuer herein steckt mit Karibu, Jambo, „Come in, Mister“ begrüßen. Die verrückte Judy trägt kein Kopftuch, sie ist die einzige. Nur eine Schleife im Haar. Wie eine Negerpuppe – so heißen die bei uns in die Tirol, so hießen sie und so nennen sie auch meine kleine Prinzessin. Wie eine Negerpuppe – und sie spielt mit einer kleinen roten Katze in ihrem Schoß. Ich fühle mich so geborgen, dass ich wieder kehre – wie versprochen – um viel zu teuer halbherzig feilschend bunte Kangas und ein wallendes Gewand zu kaufen.

Immer gleich und doch anders; das mit den Inseln. Auf den Inseln bist du immer fremd, im besten Fall Gast - oft ein Leben lang. In die großen Städte kann man eintauchen, in ihnen untertauchen, Teil werden; nicht auf der Insel. Und schon gar nicht auf einer afrikanischen Insel. „Can I help You?“ fragt der Sansibari im Postgebäude in Stone Town: „This is a Tourist Office, You are a tourist…“ „How did You know?“ Er versteht den angedeuteten Scherz, grinst schelmisch: „You are not Sansibari.“ Es gibt so etwas inseliges. Offen müssen sie sein die Menschen auf den Eilanden für Gäste und Eroberer, die so eine Insel schnell im Vorübergehen nehmen. Manchmal bleiben; und doch nie dazu gehören. Auf den Inseln kennt JedeR JedeN, man ist verwandt, fremd bleibt fremd, ob von der nächsten Insel oder dem nächsten Tal. Denn Tirol ist eine Insel.

Auch auf dieser Insel – so scheint es – kennt man sich. Noch Tage später schenken uns jene, die uns auf unserem ersten Irrgang durch Stone Town begegnet sind, ein vertrautes Lächeln. Oder auch nicht. Vielleicht ist es auch nur dieses Touristenlächeln und sie tun sich so schwer unsere Gesichter zu unterscheiden, wie wir es mit den ihrigen tun. Ach, diese Gassen, auch sie schwer zu unterscheiden mit den Steinbänken vor den Häusern, den Türen, ja natürlich den Türen und den Souvenirgeschäften. Exotisch; alles. Da waren wir doch schon und da und da und da noch nie. Kaum Graffities, mehr Geschäfte und Moscheen – über 40 – und zwei Kirchen machen den Unterschied, sorgen für Wiedererkennung.

Und dann retten sie uns, die Alis, die Kemals, füttern uns mit knallrotem Mabuyu und führen uns zum Geldautomaten, zum Hafen, raus aus dem Straßengewirr. Sie zeigen uns die Schätze ihres Landes, Sef der Gewürzgartenguide, der uns stolz jede Pflanze erklärt: „Überall auf der Welt kann man diese Pflanze nur alle sechs Monate erneten. In Sansibar: Zwei Mal im Jahr.“ Und Mo, sein Assistent, bespaßt uns mit kunstvollem Flechtwerk, ein Armband, eine Krawatte, eine Krone, ein Hut. Oh ja, wir sind Touristen und als solche in aller gebotenen Lächerlichkeit Preis gegeben – aber schön ist es doch. Und so bewundern wir den, der sich „Makuna Hatata und „Malaika“ singend auf die Palme bringt und uns mit Kokosnüssen versorgt.

Manchmal gelingt es uns, kurz den Touristenpfad zu verlassen, andere Zugänge zu finden, zueinander. Dass unsere Heimat dort nicht wirklich bekannt ist, erleichtert das nicht unbedingt. Kijerumani, Germany beharren die Einheimischen mit demselben milden Lächeln mit dem sie unsere Laut-legasthenischen Suahili-Versuche quittieren. Nur die Seifenblasen können Wunder wirken und bringen die Zähne von harten Bootsmännern kleinen Kindern und deren schönen Müttern zum Blitzen.

2014-11-28-10-31-54
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