7
Jul
2015

Verschwyzt - Die Ankunft

Emil war mein erster Schweizer. Vielleicht auch Caroline. Alle beide – oder besser alle drei , man sollte Carolines ständigen Begleiter Herrn Urs Kliby nicht vergessen – waren regelmäßig Gast in unserem Wohnzimmer wie auch in allen großen Samstag-Abend Shows. Unser Kleinfamilie – Mama, Papa, ich – konnte sich vor Lachen schier ausschütten, wenn sie die Bühne betraten. Ich sehe meine Mutter Tränen lachen, ob der Puppe die denselben Namen, trug, auf den auch sie getauft war und ähnlich wie sie mit kleinen Frechheiten aufzutrumpfen wusste. Und ich höre das Bass-Lachen meines Vaters, wenn Emil den Polizisten mimte. Caroline und Emil, ihre Sprachmelodie, ihr Tempo, ihr Humor prägten meine Vorstellung von der Schweiz. Oh sicher, viele Kulturschaffende, DenkerInnen, SchreiberInnen, die ich verehre wurden dort geboren, haben dort gelebt, Exil gefunden.

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Meine Mama war nach dem Krieg in der Schweiz geschickt worden, als Teenager zum Aufpäppeln. Wohin habe ich vergessen, vielleicht auch nie gewusst. Spargel gab es dort für das Tiroler Maidle und große Liebe, die mehr in Briefen als in Berührungen ausgetragen wurde. Später ist er dann nach Hollywood gegangen, Mamas geliebter Schweizer, und hat mit der Monroe geschlafen – Fluss ohne Wiederkehr. „Aber mich hat er nicht bekommen“, erzählte Mama dem 1. Offizier. Vor einem Jahr war das.

Ich selbst kenne Zürich vor allem vom Durchfahren und aus dem Benn-Gedicht „Meinen Sie Zürich zum Beispiel sei eine tiefere Stadt“. Zürich brannte einst in Jugendunruhen und Jeanne Hersch habe ich in Wien erlebt. Natürlich habe ich Wilhelm Tell gelesen und eine Bahnbekanntschaft hat mir einen Lyrikband geschenkt. Und doch denk ich an die Schweiz, hör ich die Sprachmelodie und fühle die Geborgenheit gemeinsamen Lachens - und an Birchermüsli, Berge, Bauernkämpfe.

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Es war Emil, der uns gleich begrüßte, als ich gemeinsam mit den Toll3sten und dem 1. Offizier Samstags Mittag in Luzern ankam. Die wunder-volle Fröschin hatte uns eingeladen, mit ihr zu feiern und nur zu gerne, waren wir der Einladung gefolgt. Der 1. Offizier hatte uns und sich auf das Städtchen am Vierwaldstättersee vorbereitet und doch: Frösch übertraf alle unsere Erwartungen. Strahlendes Wetter, glitzerndes Wasser, eine Blumenpracht am Wochenmarkt, eben der Luzerner Emil, der wundervolle Singsang der Sprache - „Grüezi“ – und auch die Preisgestaltung, wie anderswo zu lesen. Die Toll3sten waren stilgerecht bei einem anderen Trio, das einst zu einem Wiegenfeste angereist war, untergebracht. Aufgrund der großen Hitze erkundigten wir uns sofort nach Bademöglickeiten – möglichst nah und vielleicht nicht teurer als zwei kleine Bier (2x5 SFr). Man könne schon auch irgendwo ins Wasser steigen, erklärte uns die nette Serviererin: „Am beschten dorrt, wo andere uch sit – in der Schweiz gibt’s teure Busen.“ Versonnen der Sprachmelodie lauschend fing ich den Blick des 1. Offiziers auf – jetzt dämmerte es uns – Bußgelder waren gemeint.

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Und so packten wir unsere Busen ein und machten uns auf den Weg zum Wasser. Nicht ohne jede Menge „Ahs“ und „Ohs“ für die Schönheiten der Stadt. Ob Totentanz auf der Holzbrücke oder die wundervoll bemalten Häuser, die Blumenpracht , die Grandhotels, der See, die Seen. Im Seebadi sind wir schließlich gelandet und waren ganz verliebt in das neue alte. Und so verging der Nachmittag entspannt mit Wellen- und Sprachgeplätscher begleitet.

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Am frühen Abend dann das Wiedersehen mit Frau Frosch. Die Österreichische Delegation mit Herrn Steppenhund und Frau Columbo war zum Grillfest nach Frogg Hall geladen – was für eine Ehre! Nur zehn Minuten sind es durch die Stadt, über die Stadtmauer und einen kleinen Hügel von der Kapellbrücke bis zum Maihofquartier. Dort schürte der Kulturflaneur bereits ein Feuerchen, Champagner wurde aufgetischt und St. Gallener Würstchen – ohne Senf zu essen - und doch haben den haben wir doch dazu gegeben. Die SchweizerInnen sind aber gar nicht so streng, wie man glauben möchte - statt teurer Busen wurden weitere Köstlichkeiten aufgetischt: Mini-Kaprizen und Torte. Was für ein reger Kulturaustausch und das rot-weiß-rote Blut war den Luzerner Mücken offenbar willkommene Abwechslung im Speiseplan…Spät nachts begleitet der 1. Offizier die Toll3sten nach Hause. Und uns war allen klar, warum die Luzerner auch als die Brasilianer der Schweiz gelten.

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(Fortsetzung folgt)
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