23
Nov
2015

Distanz

Auf die Distanz gesehen ist das alles nicht schlimm.
Nichts ist schlimm auf Distanz gesehen.
Zur Kurzsichtigkeit der Jugend kommt die Weitsichtigkeit des Alters.
Die Distanzen verändern sich.
Der räumliche Abstand.
473 km Entfernung, noch.
Auch zeitlicher Zwischenraum.
Wachsende Distanz.
Distanziertheit vielleicht.
Nein, distanziert war ich nie.
Auf der zurückgelegten Strecke.
Wenig Zurückhaltung bei kaum etwas.
Zu klein der innere Abstand im Umgang mit anderen Menschen.
Die Armlänge unterschritten. Au.
Und doch: die vorgesehene Anzahl von Runden eines Kampfes auch manchmal zu Ende gekämpft.
So scheint es mir jetzt manchmal.
Aus der Distanz betrachtet.
Aus der Distanz betrachtet, sieht man mich anders.

2015-11-01-10-36-57

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt , das sechzehnte Wort
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10
Nov
2015

Tanze!


Damals.


Leonce: Tanze, Rosetta, tanze, daß die Zeit mit dem Takt deiner niedlichen Füße geht!
Rosetta: Meine Füße gingen lieber aus der Zeit. (Sie tanzt und singt.)

O meine müden Füße, ihr müßt tanzen
In bunten Schuhen,
Und möchtet lieber tief, tief
Im Boden ruhen.

O meine heißen Wangen, ihr müßt glühen
Im wilden Kosen,
Und möchtet lieber blühen
Zwei weiße Rosen.

O meine armen Augen, ihr müßt blitzen
Im Strahl der Kerzen,
Und lieber schlieft ihr aus im Dunkeln
Von euren Schmerzen.

Und Rosetta tanzte. Jeden 2. Abend. Einen kurzen Auftritt lang in einem wundervollen Blütenkleid. Sie musste erst lernen auf den High Heels zu gehen. Sie war 18 und groß gewachsen. Knabenhaft und doch rieben sich manchmal während ihres Tanzes ihre Knospen an den Tulpenblättern des Dekolletès. Schulterfrei, große Rosen aufgedruckt – ein schönes Kleid. Sie tanzte, wie es ihr die irische Prima Ballerina beigebracht hatte. Es war ein kurzer Tanz, ein kurzer Auftritt. Dritte Szene, Erster Akt.

Ganz zwei Akte dauerte es noch bis Leonce mit Lena in ein Leben voller Rosen, Veilchen, Orangen und Lorbeeren schritt und Valerio sein Dekret erließ. Manchmal gingen sie in der Pause etwas trinken, die KleindarstellerInnen der kleinen Bühne, manchmal las Rosetta in der Kellergarderobe, wo das Premierengeschenk der Tanzlehrerin, Pantöffelchen, hing. Schlussapplaus, noch einmal, zweimal dreimal hinaus – alle. Auch die Knospen.

An vielen Abenden tänzelte Rosetta dann über den Adolf-Pichler-Platz in die Maria-Theresien-Straße, die Treppen hinunter in die American Bar. Eine Stunde Wartezeit bis zum nächsten Bus, zwei bis zum letzten. Rosettas Füße wollten tanzen in bunten Schuhen, ihre Wangen wollten glühen im wilden Kosen, ihre Augen wollten blitzen im Strahl der Kerzen. Nicht heim ins Elternhaus.

Kerzen standen auch an der Bar und in den dunklen Plüsch-Samt-Nischen. Bilder von Tomi Ungerer hingen dort. Die Tanzfläche war klein, sternförmig und verspiegelt. Eine Glitzerkugel, ja, wahrscheinlich hing dort eine Disco-Kugel. Aber das bemerkte Rosetta nicht, wenn sie dort allein tanzte. Maschine brennt. I can’t get no satisfaction. Keine Angst. Ich spiele Leben. As tears go by. Gloria. Der DJ hatte einen Schnauzer. Es waren die frühen 1980er. Sie war gerne allein da, redete sie sich ein, während sie wartete. Tanzend. Auf den Bus. Auf den, den sie liebte. Oder einen, den sie lieben könnte.

Einmal winkte sie der DJ zu sich. „Du tanzt super“, meinte er: „Vor allem die Texte, die Musik müsste man halt manchmal umschreiben.“ Sie war einfach unmusikalisch. Deswegen war sie nie eine richtige Schauspielerin geworden, glaubt sie noch heute. Dance like nobody’s watching. Oder everybody. Das ist ihr geblieben. Noch immer tanzt sie Texte, als wäre sie allein oder wirbelnder Mittelpunkt auf der Tanzfläche, ob im Planetarium oder im Wohnzimmer. Rosettas Füße tanzen in der Zeit.

Staatsminister Valerio darf ich vor dem Schlussapplaus um euer Dekret bitten: „daß wer sich Schwielen in die Hände schafft unter Kuratel gestellt wird, daß wer sich krank arbeitet kriminalistisch strafbar ist, daß jeder der sich rühmt sein Brod im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion!“

2015-10-12-21-29-02

Dieser Text ist mein Beitrag zum - Hurra verlängertem - Projekt *.txt , das fünfzehnte Wort Danke Dominik.
2299 mal erzählt

23
Okt
2015

Uuuuppps gefangen

Ich wurde schon beim Völkerball als Letzte in die Mannschaft (so hieß das damals noch) ins Mädchen Team gewählt, weil Fangen so gar nicht meines war. Im Ausweichen war ich besser und so blieb ich oft auch die Letzte am Spielfeld – „Fang“ feuerten mich die anderen an. Fragen kann ich nur schwer ausweichen – dem Dialog an und für sich – drum sei es. Danke Herr Wortmischer für den Brautstrauß mit Boomerangeffekt – voila elf Antworten:

1.– Münchener Oktoberfest? (Unbedingt! / Keinesfalls! / Was ist das?)
Ich nehme C .

2. – Haben Sie Ihren Volkswagen schon abgestoßen?
Den Sharan? Gemeinsam mit meinem Ex-Mann – ist schon her….

3. – Erinnern Sie sich noch an das erste Musikstück, das Sie sich gekauft haben? (Vinyl, CD, Download?) Hören Sie sich das heute noch gerne an?
Grease, Summer-Romance und so – nur zufällig im Radio…

4. – Spielen Sie ein Musikinstrument? Trauen Sie sich damit vor Zuhörer?
Ich lernte Blockflöte, drei Jahre 1. Heft, tja und einmal das Storchenlied beim Schulkonzert. Ich habe die Musikalität von FFJ und auch ihre Bühnengeilheit – mir ist es sogar gelungen eine Gesangsszene in einem toll3sten Stück zu verankern.

5. – Im Preisausschreiben gewinnen Sie eine Penthauswohnung in Berlin, London, Paris, Prag oder Wien. Welche suchen Sie sich aus?
Ganz ehrlich – und bald!

6. – Bevor Sie den Löffel abgeben: Welches Ding müssen Sie vorher unbedingt noch gedreht haben?
Immer das nächste…

7. – Halb acht Uhr abends. Sie kommen völlig gerädert (aus der Arbeit) nach Hause. Was passiert, sobald der Mantel an der Garderobe hängt und die Schuhe in der Ecke stehen?
Bier und Wein an der Theke des Vertrauens vor dem Aufstieg in den 4. Stock. Und dann am (mit dem) Liebsten

8. – Kochen Sie selbst? Was kommt auf den Tisch, wenn die leeren Teller schon nach einer Stunde im Geschirrspüler stehen müssen?
Pasta e basta (aber ohne das schrecklicher Erfrischungsgetränk)

9. – Golf, Ski, oder Tennis? (Oder doch lieber die TV-Fernbedienung?)
Als Tirolerin Skifahren.

10. – Wir schreiben das Jahr 2025. Was ist für Sie die auffälligste Neuerung im Vergleich zu heute?
Ich bin zehn Jahre älter… und 2525, if mankind’s still alive…

11. – Sie packen Ihren eigenen Flüchtlingskoffer. Was muss da rein? (Fünf Dinge braucht der Mensch.)
Einen Pullover, stabiles Schuhwerk, ein Messer, ein Telefon, und den 1. Offizier

2015-08-31-13-48-13

Dankeschön, Herr Wortmischer!
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20
Okt
2015

Konjunktiv II

Ich hätte es wissen müssen.
Ich hätte es nicht tun dürfen.
Ich hätte es nicht wollen sollen.
Ich hätte es nicht denken dürfen.
Ich hätte es nicht begehren sollen.
Ich hätte es nicht zulassen dürfen.
Ich hätte es nicht verschweigen sollen.
Ich hätte es nicht genießen dürfen.
Ich hätte nicht drüber nachdenken sollen.
Es hätte nicht passieren dürfen.
Ich hätte es wissen müssen…
Wissen? Ach geh! Wissen?

2015-08-26-13-05-26

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das vierzehnte Wort......
2368 mal erzählt

24
Sep
2015

Verstand

„Hallo“, sagt der Bassist. Ich bin überrascht, ihn an der Theke des Vertrauens zu treffen, wünsche ihm Beileid zum gerade erlittenen Verlust. Neben ihm sitzt einer, ebenfalls in Trachtenjopperl und Jeans, Fraktionskollege, christlicher Gewerkschafter, füllig, schwitzend, ein Smartphone in der Hand, eine Bierflasche in Reichweite. Personalvertreter oder Betriebsrat der Gewerkschaft, die einmal meine war. Er schimpft ein wenig über den Verein. Ich bin mit einer Freundin verabredet, bleibe aber kurz bei den beiden sitzen, um dem Bassisten mein Beileid auszudrücken. Der Kollege telefoniert, kurz und laut. Mit einem Bankmenschen. „Ich bin Betriebsrat“, sagt er und dass Frau Soundso nichts zu melden habe. Der Bassist erzählt vom Begräbnis. Er versucht verbindend zu wirken, er fragt den Kollegen, ob er errate, aus welchem Bundesland ich käme. Er errät es nicht, ich löse das Rätsel: Tirol. „Warum haben die Tiroler keinen Geschlechtsverkehr?“, beginnt er einen Witz zu erzählen. „Weils Ihnen beim Fickkkkken die Zähne aussi haut. KKK, ficken, die Zähne.“ Ich verziehe den Mund und schau dem Wirt meines Vertrauens in die Augen. Der Kollege erzählt jetzt eine Anekdote über eine Schulung in Tirol. Die Pointe fehlt. Ich frage mich, wo die Freundin bleibt. Der Bassist sagt: „I fürcht mi vor die Wiener Wahlen.“ Der HaZe macht ihm Sorgen, wie uns allen, bedenklich wiegt er den Kopf. Der Kollege trinkt einen Schluck Bier. Und plötzlich ist es da, das Flüchtlingsthema. Vom Schmutz redet der Kollege, den die Flüchtlinge machen, den Müll, den sie liegen lassen, dass viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei sind, 60 haben sie in der Gemeinde, unbegleitete junge Burschen, seine Tochter ist vierzehn, er traut sich nicht, sie zur Bahn gehen zu lassen, wo führt das hin, lauter Männer, die Kleidung liegt herum, wenn es nicht Markenkleidung ist, aber Handys, die Tochter trage Spaghettiträger und kurze Hosen, wenn so ein junger Mann ausgehungert, die kennen das ja nicht, ständig Kämpfe zwischen den Unbegleiteten, die Gutmenschen haben keine Ahnung. Er hört auf keinen meiner Einwände, lässt mich nicht zu Wort kommen, er spult das ganze Programm ab, wie ich es aus den sozialen Medien und Foren kenne. „Dann brauchst du dich ja nicht fürchten vor der Wiener Wahl? Da könnte ja der für dich Richtige gewinnen?“ frage ich schließlich. „Ja“, sagt er.

Ich verstehe.

2015-09-01-10-49-30

Ich gehe – lege Raum zwischen mich und den Kollegen.

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das dreizehnte Wort.
2393 mal erzählt

14
Sep
2015

Jujukinkai

Sie wusste, wie es endet. Sie wusste es genau. Auch dass es endet und dass mit dem Ende auch wieder die Sehnsucht beginnt. Dass es nur eine kurze Ewigkeit lang sich unendlich anfühlte, zwischen vor dem Gipfel und nach dem Gipfel. Sie wusste auch, dass es seinen Preis kostete und dass man, dass sie im Grunde einsam dabei war. In dem Moment. Vorher und nachher war sie oft nicht allein. Sie genoss das gemeinsame Kribbeln der Vorfreude, das Einander-Aufstacheln, das Lachen, Scherzen, das Verscheuchen der Angst. Angst wovor? Schaden zu nehmen, Schande zu erfahren, nicht richtig verboten, nicht richtig erlaubt. Angst vor dem Glück, dem Anders, dem Zustand und der Sehnsucht nach Ewigkeit, nach mehr. Losgelassen. Schwindlig. Angst sich schmutzig zu machen, das Gewand zu zerreißen, das Gesicht, den Verstand, den Boden unter den Füßen, die Kraft der Sinne zu verlieren. Angst vor der Gier nach mehr.

Und obwohl und weil sie wusste, wie es endet, streckte sie die Arme ganz weit aus. Damals in der Blumenwiese. Es muss eine Blumenwiese gewesen sein. Oder eine weiße Schneedecke. Zuerst in die eine Richtung und dann Schwung holen und in die andere Richtung. Viel Schwung und drehen, drehen, drehen, kleine Schritte mit den Füßen, die Arme ganz weit ausstrecken, vielleicht den Kopf in den Nacken legen, oben ist die Sonne, tanzen die Schneeflocken. Bis sie hinfällt in die blühende Wiese, in den weichen Schnee. Und oben dreht sich der Himmel. Die Arme ganz weit ausstrecken. Ihr ist schwindlig. Irgendwo weit hinten mahnt die Mutter, die Grasflecken, der kalte Schnee.

Oder über das Laub hinunterrollen auf Südtiroler Hängen, der feuchte Geruch und endlich der schöne Schwindel. Rundumrundumrundumrundum. Lachen. Atemlos. Laubbedeckt. Herbstglückseligkeit. Purzelbäume über Gartenlängen. Und Räderschlagen. Bitte Onkel Günther lass mich fliegen – Runde um Runde im Kreis bis wir beide nicht mehr können. Bis sie schwindelt. Schaukeln und Kettenkarussell. Eiskalt Duschen bis ihr die Luft weg bleibt und das Hirn. Den Kopf verlieren, lachen. Kein Boden unter den Füßen. Alles wolkenwattigweich. Ein wenig liegen, nichts denken oder alles. Und oben dreht sich der Himmel.

Damals war sie Kind.

2015-09-01-19-10-26

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, . Danke Dominik für das zwölfte Wort. .
2841 mal erzählt

8
Sep
2015

Stöckchen: Ich fühle mich geliebstert

liebster-award

Es ist ja fast schon nicht mehr wahr, dass mich die von mir so sehr verehrte Frau Meertau mit einem Stöckchen beworfen hat. Es hat eine Weile gedauert – Sommer. Sonne, Urlaub, Leben – bis ich die Fragen - mit der einen oder anderen Tube verziert – nun beantwortet habe. Frau Meertau möchte ich auf diesem Weg loben und preisen und ihr recht herzlich danken – es ist mir eine Ehre und Freude.

Vorab die Regeln:

1. Danke der Person, die dich für den liebsten Award nominiert hat, und verlinkt in deinem Blog auf ihren Blog.
2. Beantworte die 11 Fragen, die dir der Blogger, der dich nominiert hat, stellt.
3. Nominiere 5-11 weitere Blogger für den liebsten Award.
4. Stelle eine Liste mit 11 Fragen für deine nominierten Blogger zusammen.
5. Schreibe diese Regeln in deinem liebste Award Blog Artikel.
6. Informiere deine nominierten Blogger über den Blog Artikel.

Für den “Liebster Award” nominiere ich:
Die Toll3sten Barbara und Madamme LaMamme, Frau Fröschin und Herrn Kulturflaneur, Herrn Schneck, Herrn Neon I Wilderness und die Rieglerin ....ich weiß schon....aber vielleicht doch?

Voila: Ihre Fragen, Frau Meertau und meine Antworten:

In welchem Land würdest Du gerne ein Jahr verbringen und was tätest Du dort?


Und schon verzweifle ich – in welchem Land? Weg von hier? Ich bin sehr glücklich im Grätzel, wo ich hier ein bisschen raten, dort ein bisschen helfen und da ein bisschen teilen kann. Aber wenn ich weg müsste, wollte, könnte, dann wohl auf eine Insel, eventuell mit einem Vulkan, La Reunion, Sizilien, Bali, Hawaii, Island, Japan oder auch Sansibar, Irland da bieten sich einige an. Gerne ein Lokal. Gerne am Meer. Auch die Bretagne könnte ich mir vorstellen. Gerne Gezeiten. Am Meer. Oder auf einem Hausboot wie in Masurien. Am Wasser. Als fahrende Köchin vielleicht. Ja, das wär was.

Beruf – Berufung – Job – Work-Life-Balance….. wie hälst Du es?

Oh, die Gretchenfrage der modernen Zeiten ...alles, was da oben steht.Arbeit und der Respekt vor ihr, Fleiß und Tüchtigkeit, Qualität, the Power oft the Union – tja, wie es damit weitergeht weiß ich nicht….aber was weiß man schon?

Natürlich bist Du ein freundlicher Mensch. In den seltenen Ausnahmen, …. welches ist Deine favorisierte Dominanzstrategie?

Drama, Baby, Drama...und dann doch mit einem Lächeln ....

Hast Du Pflanzen? Wie gehst Du mit Ihnen um?

Manchmal ein bisschen nach der Devise: „Leben und leben lassen“ – dann wieder liebevoller….

Welches sind Deine 2-5 persönlichen (Kindheits-)Helden?

Pippi und auch die Brüder Löwenherz, Addie und natürlich die Piratenkönigin....und noch ein paar mehr....

Womit vertrödelst Du gerne Deine Zeit?

Mit Leben in der Bar, Champagne and Reefer- kurz und gut mi’m Lem....

Was liest Du gerade?

Urlaubslektüre – wieder entdeckt und auch vorgelesen….

Du schreibst, weil….?

I don’t want to got to Rehab…

Wie möchtest Du Deinen 77. Geburtstag feiern?

Still the same und ekstatisch tanzend und singend bis hin zu...

Hättest Du ein Schiff…. welches wäre es, welchen Namen trüge es?

Ich habe ein Schiff oder zumindest ein Vorderdeck und das ist überall, wo mein Geliebtester ist. In meinen Träumen.

Das Wesen der Liebe……?
L * I * E * B *E

Meine 11 Fragen:
  1. 1.Welches Lied soll man bei Ihrem Begräbnis spielen?
    2. Können Sie ein Gedicht auswendig?
    3. Wenn ja: Welches?
    4. Wenn Sie wie im Klassiker Fahrenheit 451 ein Werk der Weltliteratur durch auswendig lernen bewahren wollten, welches wäre das?
    5. Wen würden Sie gerne bekochen?
    6. Und womit?
    7. Was war „Ihr Gipfelsieg“ – worauf sind Sie stolz?
    8. Was ist Ihr höchster Wert?
    9. Wer hat heute etwas für Sie getan und was?
    10. Für wen haben Sie heute etwas getan und was?
    11. Wem haben Sie heute Schwierigkeiten bereitet und wie?
2331 mal erzählt

13
Aug
2015

Ferragosto

Da saß sie am Montag, Nachmittags gegen vier, allein mit einem Glas Wien. Es war heiß - Ferragosto.. „Man könnte mich für eine Trinkerin halten“, dachte sie und dass es ihr egal war, wofür man sie hielt. Sie trank. Einen Schluck. Der Chardonnay war gut, vielleicht die Spur zu warm. Sie hätte um einen Eiswürfel bitten können. Die Kellner hatten ohnehin nichts zu tun. Sie standen in der Hitze herum. Wozu? Sie trank nun einen Schluck vom Wasser. Auch zu warm. So saß sie da und sah auf den Weg, der das Lokal vom Gastgarten trennte. Sah den Kellnern bei ihren kleinen Streitereien zu. Sah kaum jemanden vorbeigehen – Ferragosto. Die Stadt schien ausgestorben. Die wenigen, die nicht auf Urlaub waren, saßen auf ihren klimatisierten Arbeitsplätzen oder waren in die Bäder geflüchtet. Früher war sie gerne geschwommen. Sie war schon lange nicht mehr im Bad gewesen – sie war schon lange nicht mehr geschwommen. Schade. Aber auch auf der Flucht. Selbst in der komplett verdunkelten Wohnung war die Hitze unerträglich. Sie konnte nicht schlafen. Sie hatte sich geduscht, angezogen, geschwitzt und war hierher gegangen. Und da saß sie. Es war heiß, zu heiß. Links, einen Rösselsprung von ihr entfernt, saß ein einsamer alter Mann. Vor sich ein Bier. Vielleicht trank er. Das dachten die Leute wohl, ein einsamer alter Mann, eine einsame alte Frau, es ist heiß und sie trinken. Er hatte gegessen. Das hatte sie auch kurz überlegt, aber sie hatte keinen Appetit, auf nichts. Er wirkte ungepflegt. Sie hatte sich in Schale geworfen, die weiße Bluse, der Leinenrock, der eine Handbreit über dem Knie endete, sogar Lippenstift, für wen? Ferragosto. Ein Mädchen tanzte vorbei. Sie bemerkte sie kaum, bis sie den Wortwechsel zwischen einer jungen Frau und dem frechsten der Kellner rechts hinter sich vernahm. Es musste die sein mit dem Rehkopftattoo, das zwischen ihren Brüsten hervorgelugt hatte, als sie am Weg vom Klo an ihr vorbeiging, der alten Frau, die allein trank und vor sich hin starrte. Sie drehte sich nicht um, sie musste nicht wissen mit wem der Kellner stritt, sie wollte nichts wissen, sie hörte wieder auf zu hören. Sie erschrak daher, als der netteste der Kellner sie fragte, ob sie noch etwas bekäme. „Ein Eiskaffee, bitte“, hörte sie sich sagen. Sie blieb noch sitzen. Der alte Mann schien ein Rätsel zu lösen. „Fränkischer Hausflur“. Früher hatte sie gerne Rätsel gelöst. Aber irgendwann….ihre Großmutter hat Patiencen gelegt. Sie könnte nach Hause gehen, sie könnte gehen, wenn sie aufstehen könnte, sich aufraffen. Und Patiencen legen oder Solitaire spielen, wie es heute heißt, am Computer. Aber sie saß hier in der Hitze und der Eiskaffee schmolz. Gäste kamen und gingen. Unendlich langsam. Nur der alte Mann und sie. Sein Haar war schütter und zu lang. Ungepflegt. So ging sie nicht aus dem Haus. Oft. Meistens. Weil sie nicht aus dem Haus ging. Aber jetzt war sie da und trank den Eiskaffee, der viel zu süß war und mit Schlagobers, das sie nicht mochte. Sie hätte was sagen können. Aber sie hatte ja nicht einmal den Eiskaffee gewollt und ihn trotzdem bestellt. Was wollte sie noch? Oder nicht? Sie könnte mit dem Mann sprechen. Früher hatte sie oft mit Fremden gesprochen. Sie könnte auch den Kellner rufen, sie könnte zahlen und noch eine Runde durch den Campus gehen, das alte AKH. Sie kannte es auch noch als Krankenhaus. Schon damals saßen alte Menschen hier und starrten. Sicher, sie hätte ein Buch mitnehmen können. Und so tun, als würde sie lesen. Aber welches? Sie hatte zu viele Bücher gelesen. Was könnte noch lesenswert sein – oder wieder? Neue Gäste waren gekommen. Laute Menschen. Nicht zuhören, nicht hinhören, aufhören. Es war heiß. Es war zu hell. Sie hätte eine Sonnenbrille nehmen können, wegen der Falten und den Augen, die man darunter nicht sieht. Sie hatte nicht daran gedacht und wusste auch nicht mehr, wo ihre Sonnenbrille war. Ein Schluck Wasser. Den Eiskaffee würde sie stehen lassen. Den Kellner um die Rechnung bitten. Sie würde ihm Trinkgeld geben, er war nett gewesen. Vielleicht würde sie den alten Mann noch einmal ansehen, bevor sie ging. Wozu noch länger hierbleiben? Es war viel zu heiß – Ferragosto. Ja, das würde sie machen - später dann. Gehen. Bald. Sie fasst nur so furchtbar Schwer_Mut.

2015-08-08-19-55-36

Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das elfte Wort - danke Dominik, für die stete Inspiration./
4174 mal erzählt
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Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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Wenn ich schon geahnt...
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datja - 18. Jul, 18:34
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