13
Feb
2011

Danke schön

Ich muss zwölf Jahre alt gewesen sein, als sie mir die Mandeln herausgenommen haben, im Sanatorium der Kreuzschwestern, kurz nach Weihnachten, Silvester würde ich im Krankenhaus verbringen müssen.

Am Abend als die kleine Turtle eingeliefert wurde, stand die Peter Alexander Show am Programm. Die Schwestern und die Eltern versprachen dem weinenden Kind mit Halsschmerzen und Operationsangst, dass es die geliebte Sendung auch im Krankenhaus sehen dürfe, versprochen. Und dann lag die kleine Turtle allein in dem Krankenhauszimmer und sah der Zeit beim Vergehen zu, draußen vor dem Fenster Schnee, ein Baum, das Licht der Straßenlaterne. Böller explodierten in der Stadt. Die Turtle wartete, wagte nicht zu klingeln, verließ sich auf das Versprechen, das waren doch Schwestern, Nonnen, die mussten doch Versprechen halten. Haben sie nicht, das kleine Mädchen schlief einsam schluchzend ein. „Kreuzottern“, sagte die Mutter zu den grimmigen Schwestern, als ich ihr davon erzählte.

Wenn die Peter Alexander Show lief war die Welt der kleinen Turtle einfach in Ordnung. Zu dritt saßen sie auf der Fernsehcouch, links die Mutter, rechts der Vater, in der Mitte das kleine Mädchen in steter Bewegung und laut lachend. Manchmal sprang es auf, tanzte durchs Zimmer, sang mit großen Gesten und unsichtbaren Mikrofon mit. Die Eltern lachten, freuten sich mit und an der Kleinen. Und die Turtle war glücklich und um das Glück zu konservieren, nahm sie das eine oder andere Mal auch die geliebte Show mit ihrem Kassettenrekorder auf. Pscht konnte sie dann die eigene Stimme vernehmen, wenn die Eltern es wagten zu sprechen und falsch krähte sie die alten Schlager mit.

Und „die süßesten Früchte“ und „Hurra, Hurra, die Schule brennt“, den sie im kleinen Kino in der Maria-Theresienstraße gesehen hat mit „Sportgummizuckeln“ und Kracherl, ein Autogramm im Poesiealbum. Und Gunther Philipp und als Hans Moser und Samstagnachmittagsfilme. Klein sein, das ist schön.

Später dann habe ich mein Idol verraten, der Spießbürgerseeligkeit trotzig den Rücken zugekehrt, hämisch die ausbrechende Tochter kommentiert, die gluckenhafte Frau, die konservativen Ansichten und mich doch immer wohlig und zuhause gefühlt, wenn ich die sanfte Stimme irgendwo zufällig gehört hab, zurück katapultiert auf die Wohnzimmerbühne daheim.

Jetzt ist er also gegangen – Danke schön, Peter der Große, es war bezaubernd…

1299 mal erzählt

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june - 13. Feb, 15:30

Das ist ein wunderschöner Nachruf. Da werden auch bei mir viele viele Erinnerungen wach.

katiza - 15. Feb, 07:23

Ja, Frau June, bei sehr vielen - gestern hat einer in der Firma, der sich über die Sentimentalitäten rund um den Tod Peters des Großen, lustig gemacht hat, ins Großraumbüro gerufen: Wer mochte Peter Alexander? und als alle "ich" riefen, fragte er nach "Wer mochte ihn nicht?" und niemand meldet sich. Ich glaube als wir Kinder waren, mochten wir ihn alle...
Jossele - 13. Feb, 15:58

... dem ist kaum etwas hinzu zu fügen.
Es gab einfach keine Kindheit ohne Peter Alexander (sowie anders Heinz Konrads, Gunther Philipp, Moser, etc), wobei, er konnte noch in die seichtesten Geschichte so etwas wie Substanz bringen.
Aber das sind alles nur Worte.
Er fehlt, eigentlich schon seit langem.

katiza - 15. Feb, 07:24

..eigentlich schon seit langem...Herr Jossele, da haben Sie recht...
steppenhund - 13. Feb, 17:05

Ich hab Walküre den Link zu einem PA-Feature in 5 Teilen angegeben. Das habe ich mir voll angesehen.
Da sprachen einige, auch er über die "heile Welt".
Ich glaube, dass da ein wesentlicher Punkt enthalten ist. Conny Froebess brachte es auch mit der Nachkriegszeit in Verbindung. Die Leute wollten Schönes, Angenehmes sehen. Bronner hingegen meinte, dass er von der deutschen Schnulze vereinnahmt worden war und noch viel berühmter mit seinen Fähigkeiten hätte werden können.
CF sagt auch, dass er sich selbst gespielt hat, seine eigene Marke. Nur manchmal konnte sie ihn am Klavier beobachten, wenn er unbeobachtet zu sein glaubte und für sich allein Blues spielte.
Ich halte ihn in beiden Formen, er selbst, den ich nicht kennen konnte, und Peter Alexander, die Rolle, die er spielte, in erster Linie für einen extrem sympathischen Menschen.
Das gepaart mit der Freude, die er so vielen bereitet hat, macht ihn etwas sehr Speziellem.
In manchen Beschreibungen von Vintage Cars kommt manchmal der Satz vor: "They don't make them like that anymore."
Der Satz trifft wohl auf ihn und seinesgleichen zu.

katiza - 15. Feb, 07:26

Meine Mutter hat mir auch ganz entflammt von der Sendung berichtet - ich bin überzeugt, Herr Steppenhund, das war er: ein extrem sympatischer Mensch.
MadProfessor - 13. Feb, 19:03

Ja

er war ein Grosser, vor allem einer von der sympathischen Art - natürlich war das "Seniorenclub"-mässige nichts für uns, aber er war ein "Mensch" ...

katiza - 15. Feb, 07:32

Ja, Herr MadProf.
diefrogg - 14. Feb, 22:32

Als ich jung war...,

verkörpterte er alles, was ich bieder, oberflächlich und ablehnenswürdig an der Generation meiner Eltern fand. Aber ich habe eben eine TV-Dok über ihn gesehen, und ich finde, er hatte etwas unglaublich Zärtliches in der Stimme. Sehr berührend. Es schien so, als wäre dieses ganze Geschunkel und Gehampel rundum nur da, um diese Zärtlichkeit zu übertünchen.

katiza - 15. Feb, 07:34

Ihr letzter Satz ist so schön und treffend, liebe Frau Frogg...
books and more - 14. Feb, 22:52

Das hams schön geschrieben, Frau Katiza!

ConAlma - 15. Feb, 02:41

ja genau!
katiza - 15. Feb, 07:34

Vom Herzen, Herr Direktor, Frau Alma, vom Herzen....
rosmarin - 19. Feb, 23:20

OT: mönsch... nu sind sie aber ganz schön stillschweigend liebe katzia...
lieben gruß und so :-)

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