Siamkater (2)
08:20 zeigte der digitale Wecker an. Julie bedauerte, dass sie sich gestern von Karin noch zu einem Besuch des gemeinsamen Stammlokals überreden hatte lassen. Es war spät geworden und sie hatte - wieder einmal - zu viel getrunken. Und daran war nicht einmal die Freundin schuld, sondern ganz allein sie selbst. Jetzt spürte sie jedenfalls ihre Blase. Sie wälzte sich aus dem Bett und machte sich auf in Richtung Klo - die Augen noch immer fast geschlossen Vielleicht würde sie ja weiter schlafen können und das Kopfweh würde aufhören und der Tag schneller vorbei gehen. Erst am Klo wurde ihr bewusst, dass da jemand gewesen war. Vor einem der Fenster im Wohnzimmer. Das Gerüst natürlich. Und sie nackt, wie auch anders. Als sie im Vorraum nach etwas zum Überwerfen suchte, um wieder zurück ins Bett zu fliehen, stolperte sie in eines von Bhumipols feuchten Vermächtnissen. Der beißende Geruch von Katzenurin machte alles nur noch schlimmer. Und am schlimmsten war, dass sie nun wach war.
Unter der Dusche war sie dankbar dafür, dass Badezimmer und Küche im hinteren Teil der Wohnung lagen - verschont von Baugerüsten und Fassadenrenovierung. Das heiße Wasser wusch Kater, Ärger und Peinlichkeit von ihr ab. Sie fischte sich ihre Arbeitskleidung - Sarong und T-Shirt - aus dem Schrank, wischte den Boden auf und stellte in der Küche einen Espresso auf. Sie wartete bis der Kaffee in der italienischen Kanne hoch gestiegen war. Sie mochte dieses Schauspiel für alle Sinne: Das röchelnde Geräusch, das den baldigen Genuss versprach, den Duft, der sich langsam ausbreitete und schließlich den dunkelbraunen, heißen Saft, den sie in ihre Tasse goss. Während sie auf all das wartete, bereitete sie dem Siamkater sein Frühstück vor - das edle, teure Katzenfutter natürlich, das schöne Frauen in romantischen Werbespots ihren felinen Freunden kredenzten. Vielleicht war es das Bedürfnis wenigstens ein wenig an diesem Katzen-und-Frauen-Mythos teil zu haben, vielleicht aber auch das schlechte Gewissen, das sie auf Grund ihres - ja - Hasses auf das unschuldige Tier plagte, das sie veranlasste zu eben jenem sauteurem Katzenfutter zu greifen. Bhumipol kam sofort angelaufen - nur in diesen raren Momenten schnurrte er wie andere Katzen auch. Ein Schnurren, das nicht ihr galt, sondern nur dem exquisitem Futter: Lachs, Kaninchen, Kalb und Ente. Sie sorgte für regelmäßige Abwechslung - schließlich war sie Genießerin und diesbezüglich sollte es der Kater nicht schlechter haben als sie selbst.
Die dampfende Kaffeetasse in beiden Händen ging sie ins Wohnzimmer. Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an den morgendlichen Schock. Ein muskulöser junger Mann im ärmellosen, weißen Leibchen grinste ihr frech entgegen. Die üppigen braun gebrannten Oberarme waren mit Tribal-Tattoos geschmückt, die braunen Haare hatten knallrote Spitzen, die Augen waren fast schwarz und volle Lippen gaben eine Reihe blenden weißer Zähne frei. Ein Träger der blauen Montur hing über seine linke Schulter. "Coca Cola Light"-Mann - genau so würde sie ihn Karin schildern. Sie spürte, wie sie errötete in Erinnerung an den Anblick, den sie ihm vor nicht ganz einer Stunde geboten haben musste. Kurz trafen sich die Blicke und die Zeit blieb stehen - wie immer, wenn sich zwei Menschen voll Begierde in die Augen schauen. Espressobraun schoss es ihr durch den Kopf und um die unangebrachte Magie zu brechen, drehte sie sich um und warf den Computer an. Sie spürte noch immer seinen Blick. Flucht war unmöglich - zumindest in den nächsten Wochen - und so wandte sie sich wieder ihm zu und hob fragend die Tasse. Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter - er nahm ihre Einladung zum Kaffee wohl an. Also kehrte sie um, goss eine zweite Tasse ein, stellte sie mit Milch, Zucker und einem Glas Wasser auf ein Tablett - sie hatte während ihres Studiums kellneriert - und servierte. Im Hintergrund fauchte der Kater. (Fortsetzung folgt)
Unter der Dusche war sie dankbar dafür, dass Badezimmer und Küche im hinteren Teil der Wohnung lagen - verschont von Baugerüsten und Fassadenrenovierung. Das heiße Wasser wusch Kater, Ärger und Peinlichkeit von ihr ab. Sie fischte sich ihre Arbeitskleidung - Sarong und T-Shirt - aus dem Schrank, wischte den Boden auf und stellte in der Küche einen Espresso auf. Sie wartete bis der Kaffee in der italienischen Kanne hoch gestiegen war. Sie mochte dieses Schauspiel für alle Sinne: Das röchelnde Geräusch, das den baldigen Genuss versprach, den Duft, der sich langsam ausbreitete und schließlich den dunkelbraunen, heißen Saft, den sie in ihre Tasse goss. Während sie auf all das wartete, bereitete sie dem Siamkater sein Frühstück vor - das edle, teure Katzenfutter natürlich, das schöne Frauen in romantischen Werbespots ihren felinen Freunden kredenzten. Vielleicht war es das Bedürfnis wenigstens ein wenig an diesem Katzen-und-Frauen-Mythos teil zu haben, vielleicht aber auch das schlechte Gewissen, das sie auf Grund ihres - ja - Hasses auf das unschuldige Tier plagte, das sie veranlasste zu eben jenem sauteurem Katzenfutter zu greifen. Bhumipol kam sofort angelaufen - nur in diesen raren Momenten schnurrte er wie andere Katzen auch. Ein Schnurren, das nicht ihr galt, sondern nur dem exquisitem Futter: Lachs, Kaninchen, Kalb und Ente. Sie sorgte für regelmäßige Abwechslung - schließlich war sie Genießerin und diesbezüglich sollte es der Kater nicht schlechter haben als sie selbst.
Die dampfende Kaffeetasse in beiden Händen ging sie ins Wohnzimmer. Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an den morgendlichen Schock. Ein muskulöser junger Mann im ärmellosen, weißen Leibchen grinste ihr frech entgegen. Die üppigen braun gebrannten Oberarme waren mit Tribal-Tattoos geschmückt, die braunen Haare hatten knallrote Spitzen, die Augen waren fast schwarz und volle Lippen gaben eine Reihe blenden weißer Zähne frei. Ein Träger der blauen Montur hing über seine linke Schulter. "Coca Cola Light"-Mann - genau so würde sie ihn Karin schildern. Sie spürte, wie sie errötete in Erinnerung an den Anblick, den sie ihm vor nicht ganz einer Stunde geboten haben musste. Kurz trafen sich die Blicke und die Zeit blieb stehen - wie immer, wenn sich zwei Menschen voll Begierde in die Augen schauen. Espressobraun schoss es ihr durch den Kopf und um die unangebrachte Magie zu brechen, drehte sie sich um und warf den Computer an. Sie spürte noch immer seinen Blick. Flucht war unmöglich - zumindest in den nächsten Wochen - und so wandte sie sich wieder ihm zu und hob fragend die Tasse. Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter - er nahm ihre Einladung zum Kaffee wohl an. Also kehrte sie um, goss eine zweite Tasse ein, stellte sie mit Milch, Zucker und einem Glas Wasser auf ein Tablett - sie hatte während ihres Studiums kellneriert - und servierte. Im Hintergrund fauchte der Kater. (Fortsetzung folgt)
katiza - 11. Jun, 07:20
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