Welcome to the wonderland
Das Wetter war, glaube ich, ähnlich, gestern vor 20 Jahren, als ich im Auto unterwegs in mein heutiges Leben war, regnerisch trüb. Ich war unterwegs nach Bratislava, um dort Privatradio zu machen. In Österreich war das damals nicht möglich, wegen der Monopolstellung des ORF und so mussten wir in die Stadt hinter dem eisernen Vorhang, der erst kurz zuvor hochgegangen war, ausweichen. Wir: ein Häufchen Irre, handverlesen.
Ich hatte bereits Radioerfahrung, beim Monopolisten im Regionalfunk, manchmal sogar ein Beitrag österreichweit und war dabei als Seitenblickerin Fuß zu fassen und kellneriert habe ich auch noch, als mir die Anzeige in die Hände gefallen ist, mit der GR ein Team für einen neuen Radiosender suchte. GR, dessen Brummton im „Wecker“ mich für die Schule geweckt hat. Mr. Hard Rock, der mir so manches „Scheibchen“ nahe gebracht hat. Und Radio, das geliebte Medium, das durch die Ohren in den Kopf dringt und zärtlich Bilder aus dem Gehirn massiert. Ganz wild und neu und nicht öffentlich rechtlich, wie ich es kannte, mit Tontechnikern in weißen Mäntelchen und gefährlichen Intrigen.
Ich hatte es geschafft, drei Castingrunden überstanden, inklusive Kampftrinken und saß an diesem Samstagmorgen in meinem weißen R4 und hörte die vertraute Stimme auf 101,8 Megaherz. Zugegeben der Opener war ein wenig peinlich…aber es folgten die wohl schönsten Jahre meines Lebens. Sex&Drugs&Rock’n Roll – was waren wir für eine einzigartige Mannschaft, die im noch ostblockgrauen Bratislava arbeitete, lebte und liebte.
Der Altvater GR, der so manchen Rausch dirket auf der Redaktionscouch ausgeschlafen hat, der uns erwählt und zusammengeschweißt hat, „Moderatoren bekommen Schweigegeld. Ihr seid Wurstsemmelverkäufer, nicht mehr. Zeit ansagen.“ Der große weiße Vogel, seine tierverrückte Assistentin, blond und lang beinig , von ihm verehrt, heiter und gütig, die Wüstenspringmäuse, die Perserkatze. Fatzka. Der Kopf des schönen Herrn G. auf meinem Schoß. Herr Locke und die Liebe. Pete, the animal, und Rudi Rüpel, beide mit Austropopvergangenheit. Der Wurmige mit seinen Frauen und später der Schurl als Chef und der Stadelmann. Hermine mit so viel Seele und das kehlige Lachen von Doris, Püppchen schien sie mir und ist so eine tolle Frau geworden. Marieli und Herr F. Und Pippi. Und Miss As Küsse. Und Axel, der fein gebildete und Sträußel, unsere Techniker der schlaue Jan, die aufgeweckte Vera und Roman, der Ruhige… und …und… und…Frühschichten und Schneechaos, Vyprazany syr und Becherovka, Ronnie Urini und Ballroom Blitz und die Sweet selbst, lieve in Bratislava am 1. Mai 1990 - alte Männer in engen Hosen...und ..und…und heiße Küsse und tanzen am Tisch, sich unter den selbigen trinken, Huren und Pabstbesuch…Leben im Hotel, in Wohnungen in Häusern und manchmal in Wien. Meist dazwischen. Der Liebste seit damals an meiner Seite, und auch den Erstgeborenen habe ich dort wieder gefunden, im Wonderland.
Und Radio machen, Radio machen, Radio machen: chaotisch, improvisiert, erfindungs- und einfallsreich, mit Lachkrämpfen und Spontanübersetzunegen, Beitragsübermittlung aus der Telefonzelle und heruntergebrochene Tonbänder, ganz nah bei den HörerInnen, auch wenn wir im Bauch der umgekehrten Pyramide, das ferne Wien nur ahnen konnten. Wir fühlten uns ein wenig wie PiratInnen und die Leute mochten uns. Wir bekamen Fan-Post und gute Quoten, auch denn es der ORF nicht wahr haben wollte.
Später dann gings auf und ab, mit der Bezahlung, mit den slowakischen Regierungen, mit dem Sender. Als wir in Mörtels Einkaufszentrum übersiedelten, war ich nicht mehr dabei.
Viele der Menschen von damals sind mir geblieben, sie und die Erinnerungen an "Mein privates Radio!"

Ich hatte bereits Radioerfahrung, beim Monopolisten im Regionalfunk, manchmal sogar ein Beitrag österreichweit und war dabei als Seitenblickerin Fuß zu fassen und kellneriert habe ich auch noch, als mir die Anzeige in die Hände gefallen ist, mit der GR ein Team für einen neuen Radiosender suchte. GR, dessen Brummton im „Wecker“ mich für die Schule geweckt hat. Mr. Hard Rock, der mir so manches „Scheibchen“ nahe gebracht hat. Und Radio, das geliebte Medium, das durch die Ohren in den Kopf dringt und zärtlich Bilder aus dem Gehirn massiert. Ganz wild und neu und nicht öffentlich rechtlich, wie ich es kannte, mit Tontechnikern in weißen Mäntelchen und gefährlichen Intrigen.
Ich hatte es geschafft, drei Castingrunden überstanden, inklusive Kampftrinken und saß an diesem Samstagmorgen in meinem weißen R4 und hörte die vertraute Stimme auf 101,8 Megaherz. Zugegeben der Opener war ein wenig peinlich…aber es folgten die wohl schönsten Jahre meines Lebens. Sex&Drugs&Rock’n Roll – was waren wir für eine einzigartige Mannschaft, die im noch ostblockgrauen Bratislava arbeitete, lebte und liebte.
Der Altvater GR, der so manchen Rausch dirket auf der Redaktionscouch ausgeschlafen hat, der uns erwählt und zusammengeschweißt hat, „Moderatoren bekommen Schweigegeld. Ihr seid Wurstsemmelverkäufer, nicht mehr. Zeit ansagen.“ Der große weiße Vogel, seine tierverrückte Assistentin, blond und lang beinig , von ihm verehrt, heiter und gütig, die Wüstenspringmäuse, die Perserkatze. Fatzka. Der Kopf des schönen Herrn G. auf meinem Schoß. Herr Locke und die Liebe. Pete, the animal, und Rudi Rüpel, beide mit Austropopvergangenheit. Der Wurmige mit seinen Frauen und später der Schurl als Chef und der Stadelmann. Hermine mit so viel Seele und das kehlige Lachen von Doris, Püppchen schien sie mir und ist so eine tolle Frau geworden. Marieli und Herr F. Und Pippi. Und Miss As Küsse. Und Axel, der fein gebildete und Sträußel, unsere Techniker der schlaue Jan, die aufgeweckte Vera und Roman, der Ruhige… und …und… und…Frühschichten und Schneechaos, Vyprazany syr und Becherovka, Ronnie Urini und Ballroom Blitz und die Sweet selbst, lieve in Bratislava am 1. Mai 1990 - alte Männer in engen Hosen...und ..und…und heiße Küsse und tanzen am Tisch, sich unter den selbigen trinken, Huren und Pabstbesuch…Leben im Hotel, in Wohnungen in Häusern und manchmal in Wien. Meist dazwischen. Der Liebste seit damals an meiner Seite, und auch den Erstgeborenen habe ich dort wieder gefunden, im Wonderland.
Und Radio machen, Radio machen, Radio machen: chaotisch, improvisiert, erfindungs- und einfallsreich, mit Lachkrämpfen und Spontanübersetzunegen, Beitragsübermittlung aus der Telefonzelle und heruntergebrochene Tonbänder, ganz nah bei den HörerInnen, auch wenn wir im Bauch der umgekehrten Pyramide, das ferne Wien nur ahnen konnten. Wir fühlten uns ein wenig wie PiratInnen und die Leute mochten uns. Wir bekamen Fan-Post und gute Quoten, auch denn es der ORF nicht wahr haben wollte.
Später dann gings auf und ab, mit der Bezahlung, mit den slowakischen Regierungen, mit dem Sender. Als wir in Mörtels Einkaufszentrum übersiedelten, war ich nicht mehr dabei.
Viele der Menschen von damals sind mir geblieben, sie und die Erinnerungen an "Mein privates Radio!"

katiza - 1. Apr, 09:08
8 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
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Jossele - 1. Apr, 15:55
Deja vue, allerdings der Sender war im Westen Wiens kaum rein zu bekommen, und echt, der Opener war wirklich zum Vergessen. Wer hat das eigentlich gesungen?
Endlich eine Alternative zu Ö3, obwohl FM4 ...
Ich hab euch oft gehört und bedanke mich für euer Tun recht herzlich.
(Jetzt tät ich da einen Link zu "Alkohol" von den Toten Hosen reinstellen, aber irgendwas haut nicht hin!)
Es gibt Nächte die sollten nie enden, und Nächte die sollten nie geh´n. ...
Freiheit! Sex, Drugs and Rock´n roll, Jazz, ... und dann erinnert man sich daran.
Arena, Zwentendorf, Phorusplatz, Hainburg, Alternativnachrichten unter einer Fünfzehnernummer im Telefon.
War gut!
salut
Josef
Endlich eine Alternative zu Ö3, obwohl FM4 ...
Ich hab euch oft gehört und bedanke mich für euer Tun recht herzlich.
(Jetzt tät ich da einen Link zu "Alkohol" von den Toten Hosen reinstellen, aber irgendwas haut nicht hin!)
Es gibt Nächte die sollten nie enden, und Nächte die sollten nie geh´n. ...
Freiheit! Sex, Drugs and Rock´n roll, Jazz, ... und dann erinnert man sich daran.
Arena, Zwentendorf, Phorusplatz, Hainburg, Alternativnachrichten unter einer Fünfzehnernummer im Telefon.
War gut!
salut
Josef
katiza - 6. Apr, 08:30
Danke fürs zuhören trotz Krachen und Grammeln, Herr Jossele...
Nante - 5. Apr, 08:20
Oh, Frau katiza ...
welch andächtiger und (erinnerungs)trächtiger Rückblick auf die gute "alte" Zeit....
für mich auch ein interessanter Blick in Lebenswelten, die mir fremd sind/waren.
Allerdings: in meinen ersten Jahren in meinem Beruf ging es auch oft chaotisch, erfindungsreich und bunt zu....
und in wirklichen "Glanzsstunden" blieb es meine Lebensarbeitszeit so...
für mich auch ein interessanter Blick in Lebenswelten, die mir fremd sind/waren.
Allerdings: in meinen ersten Jahren in meinem Beruf ging es auch oft chaotisch, erfindungsreich und bunt zu....
und in wirklichen "Glanzsstunden" blieb es meine Lebensarbeitszeit so...
katiza - 6. Apr, 08:30
Oh ja, eine gute alte Zeit, Frau Nante....
steppenhund - 5. Apr, 09:09
Ich bin jetzt total im Unklaren, wer der Erstgeborene ist. Ich dachte immer, es wäre ein Sohn. Nach diesem Beitrag hält diese These wohl nicht mehr. Jetzt tippe ich auf älterer Bruder.Doch so ganz kann ich mir das auch nicht vorstellen.
Radio ist etwas Besonderes. Das habe ich ja gestern - praktisch parallel - auf andere Weise, als Konsument, auszudrücken versucht.
Radio ist etwas Besonderes. Das habe ich ja gestern - praktisch parallel - auf andere Weise, als Konsument, auszudrücken versucht.
katiza - 6. Apr, 08:38
Herr Steppenhund, Erstgeborener bescnreibt nur die Qualität der Beziehung, ich habe ihn damals sehr schnell so benamst (daher vielleicht das Gefühl in wieder gefunden zu haben). Ich liebe ihn jedenfalls wie einen erstgeborenen Sohn oder wie einen Zwilling, der einfach nur zwei Jahre vorher zur Welt kam: gebend, geduldig, bewundernd, verzeihend....Ich las und freute mich sehr an dieser Huldigung des Liebelingsmediums.
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