18
Nov
2010

17. November: Good Hair Day

Nein, ich habe nichts verändert. „Jetzt wird wohl als nächstes die Frisur geändert“, hatte die Mediatorin beim letzten Treffen gemutmaßt und vielleicht habe ich mir auch deswegen überlegt, ihre Prophezeiung zu erfüllen. Das macht frau ja so bei großen Veränderungen im Leben, wie es Trennungen nun mal ohne jeden Zweifel sind. Aber ich habe noch nicht viele Trennungen hinter mir. Im Grunde ist es erst die zweite Langzeitbeziehung meines Lebens, die in diesen Tagen zu Ende geht – die erste endete vor 23 Jahren.

Schneiden und Farbe habe ich machen lassen, wie immer, nur ein wenig Façon. Vielleicht sollte ich langsam grau werden, überlegte ich laut, aber vielleicht nicht gerade jetzt, beantwortete ich den enstsetzten Blick meines Friseurs. Kurz schneiden will ich mir die Haare jetzt nicht, zu sehr holt mich derzeit mein „Frausein“ ein, ich mag die wilden Locken, die meinem unruhigen Innenleben und meiner Energie so sehr entsprechen, Ich mag, dass sich mein Haar seinen eigenen Weg sucht mal unbändig, mal in sanften Wellen, dass es sich - selbst wenn im Nacken gezähmt - stets im Lauf des Tages ent-wickelt.

Als die Mock Turtle ein kleines Mädchen war, hatte sie „wunderbare Naturmechen“, wie die Mutter gerne stolz berichtet: „Die Leute haben glaubt, ich lass dir die Haare färben.“ Die Mutter liebte meine Haare und flocht sie gerne in einen hohen Zopf oder steckte sie zu einem „Gogl“ fest und schmerzhaft, denn das Ungeordnete meiner Locken war ihr zuwider. So war es ein Akt der Rebellion, als mich rot färbte, obwohl sie ihr Leben lang den gleichen roten Kurzhaarschnitt trägt. Mit 33 wurde ich dann wasserstoffblond, dem Mann zuliebe und wegen der Monroe und ihrem letzten Lebensalter. Später folgte eine dunkle Strähne im blonden Haar, dann die Umkehrung, eine blonde im dunklen. Die wurde schließlich knallrot, „Vampire red“. Viele rot gefärbte Kopfkissen und Handtücher später und als dieser Frisurenstil sich auch noch rasant ausbreitete, kam ich zum schlichten Dunkel; keine Ahnung wie die Farbe heißt, ausgesucht hat sie mein Friseur, sie wirkt natürlich.

Also wie gehabt, äußerlich keine Veränderung. Ist auch nicht notwendig. Dass ich mich auchs o verändert habe, bestätigte mir auch die rohseidene Freundin, die ich vor einigen Jahren bei ihrer Scheidung begleitet hatte, damals war unsere Freundschaft entstanden. Wir kochten und aßen gestern Abend zusammen, Sepia, Mango-Avocado Salat und Kartfoffeln. Ich hätte abgenommen und auch mein Gesichtsausdruck sei anders, gelöster. Fast dasselbe hat der Mann auch schon gesagt. Dass das alles nun so endet, macht sie auch sehr traurig. Fast habe ich den Eindruck als würde für viele ein Stück Hoffnung sterben, waren wir doch eine der längst andauernden Beziehungen im Freundeskreis. Und während meine Liebesgeschichte endet, gibt ihre Anlass zur Hoffnung. Wir tranken Sekt.

Zu Hause schlief ich im Reich der Sinne sanft ein…


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16. November: Werktag

Und wieder ein externer Arbeitstag im anderen Büro, unter Menschen. Viel habe ich weiter gebracht und mich geborgen gefühlt. Später habe ich dann wieder mit der Archivarin den Heimweg geteilt. Gemeinsam haben wir neue Büros besichtigt, dort wo wir früher – erst ich – dann sie unseren Arbeitsplatz hatten.

Als ich dort ein und aus ging, hießen die Räume Medienzentrum, wohl weil sie jede Menge alten – teils historischen - Filmmaterials und ebensolcher Technologie beherbergten. Propagandafilmchen habe ich dort zusammengestellt, gemeinsam mit dem Leiter, einem ewig unglücklichen aber doch sehr liebenswerten Herrn. Wiewohl knapp vor der Pensionierung bemühte er sich bei und mit Computern und Technologie auf aktuellem Stand zu bleiben. Die Organsisation dankte es ihm nicht wirklich, statt seiner wurden immer öfter teure, „professionelle, Filmteams“ bestellt. Für ihn und die Seinen blieb die Arbeit, die niemand so recht wollte plus das stetige Aufzeichnen von Fernseh- und Radiosendungen, die mit der Bewegung in Bewegung zu tun hatten.

Dort wo wir versuchten moderne Filmchen aus unzureichendem Material zusammenzustellen, während Monitore und Scheinwerfer verendeten, stehen heute Bücherregale und Lesetischchen. Dort wo ich mit dem Medienzentrums-Team – der engagierte Leiter hatte auch noch einen höchst verbitterten Kameramann, der eigtnlich Cineast war, einen ewig jungen Assistenten für fast alles mit schwer zu ertragendem Humor und zwei strenge, graue Sekretärinnen zur Seite gestellt bekommen - ihre Würstel zu Mittag aß, während die Nachrichten mitgeschnitten wurden, sind freundliche offene Büroräume entstanden. Die bitteren, vergessenen Menschen dort, habe ich aus den Augen verloren.

Später dann habe ich die energische Archivarin noch in ein Strickgeschäft begleitet, ganz nah liegt es bei meiner Wohnung und ich war doch noch nie drinnen. Ich kann nicht stricken, habe es einmal kurz probiert, zwei Pullover lang, aus Liebe. Als die Pullover fertig waren, war die Liebe vorbei. Da sind so viele „Frauensachen“ in meinem neuen Leben, Frauen begleiten mich, verstehen, das ist irgendwie neu für mich, die ich Männerfreundschaften stets mehr gepflegt habe als die Beziehung zu Frauen, Weiberabende waren mir lange fremd. Und irgendwie gefällt mir das auch – Stricken werd ich trotzdem nicht wieder anfangen.

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Früher hat die Organisation nur Nelken verschenkt - the times they are a-changing....
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Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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