Aus dem Schatzkästchen der Mock Turtle

31
Mai
2007

Nachtrag zu den Zuckermelonen

Soundtrack
487 mal erzählt

Zuckermelonen (5. und letzter Teil)

"Gute Nacht", sagte Karl mit schmierigem Blick und plötzlich waren sie allein. Sie musterte ihre Nägel – sauber, trotz der Küchenarbeit. Schon ihre Mutter hatte gelästert, dass sie nie saubere Fingernägel hatte. Er starrte auf die Melonen. Dann sahen sie sich an. Als er sie auf die Anrichte hob, dachte sie kurz darüber nach, wie sich das mit seiner Zwangsneurose vereinbaren ließ, dann gab sie sich ganz seinen verschlingenden Küssen hin. Erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie war. Wie lange sie auf so einen gierigen Mund gewartet hatte. Sie züngelten nacheinander, rissen die Mäuler weit auf, um sich gegenseitig zu verschlingen. In ihrer Gier stießen sie immer wieder mit den Zähnen aneinander. Und dann die Hände. Sie spürte wie seine Hände ihre Brüste kneteten, wie sie sich nach und nach in die zu engen Jeans drängten. Sie hatte heute Morgen zu den knapp sitzenden Hosen und ihren alten Cowboyboots gegriffen – eine unbewusste Sicherheitsmaßnahme, die wohl vergebens war. Denn schon öffnete er den Hosenknopf und ruckelte am Bund. Sie küssten sich weiter, während sie versuchte ihm entgegen zu kommen. "Die Stiefel", dachte sie: "Mit den Stiefeln an, geht da gar nichts." Dabei wollte sie so sehr. Sie wand sich, streckte ihm ihr Becken entgegen und konnte ihren Mund nicht von seinem lassen. Endlich verstand er, drehte sich um und machte ihr den Stiefelknecht. Sie lachten beide, als sie ihn in den Hintern trat. Dann zog er ihr die Jeans und den Slip aus. Sie rutschte von der Anrichte und stand etwas verloren in der Küche, die Füße auf ihren Hosen, unten ohne, in BH und Hemd. Er ging zwei Schritte zurück und musterte sie voller Vorfreude – wie ein besonders schönes Stück Fleisch, auf dessen Zubereitung er sich freute. Die Zuckermelonenfrau ganz nackt und appetitlich und er, der Koch, in voller Montur. Bevor er vor ihr auf die Knie ging, zog er ihr noch das Hemd und den BH aus. Sie ließ es mit sich geschehen. Er hielt ihre Brüste in seinen nach oben gestreckten Händen, während er ihr Geschlecht einatmete. Er war berauscht von ihrem Duft und drang mit Nase und Mund immer weiter durch ihr weiches Schamhaar. Sie stöhnte. Sie wankte und griff nach seinen Haaren. Er umklammerte ihre Beine und hob sie wieder auf die Anrichte, um besser an sein Amuse Bouche zu kommen. Er hörte ihren Atem, ihr Gurren, und als er kurz aufblickte, sah er den Genuss in ihrem Gesicht. Ebenbürtig seinem Genuss. Nach der Vorspeise zwischen ihren Schenkeln gingen beide zum Hauptgang über: lustvolle Schweinereien in der ganzen Küche, die jeder HACCP-Kontrolle widersprachen. Sie war so hungrig.

Irgendwann saßen sie sich am kleinen Küchentisch gegenüber. Zwischen ihnen eine Flasche Redmont von Markowitsch und ein Teller mit Schweinereien der anderen Art: feine Blutwurst, kalter Braten, Grammelschmalz und kräftigem Speck. Daneben ein Käseteller und köstliches Brot. Sie hatte seine Kochjacke um, ein Bein angezogen und tunkte genüsslich Blunzenstücke in scharfen Senf. Hinter ihr am Boden lagen ihre Boots, daneben die Hose und irgendwo Hemd und BH. Was für ein Stillleben. Er betrachtete sie, während er Wein trank. Worte waren unangebracht, die Stille trotzdem schwer zu ertragen. Er stand auf und schaltete seinen Küchen-CD-Spieler an. "The world was moving and she was right there with it" – die Talking Heads "Little Creatures". Das hatte sie schon ewig nicht mehr gehört. Zu "Creatures Of Love" tanzten sie dann beide durch die Küche: die Zuckermelonen mit seiner Kochjacke bekleidet und der Koch mit freiem Oberkörper.

Später, viel später, als sie sich, längst wieder angezogen, das letzte Stück Blutwurst vom Teller nahm, sah er das ihre Nägel wieder Trauer trugen. Schnell schloss er die Augen und küsste sie noch einmal voller Leidenschaft. Das Blutwurst-Senf-Gemisch in ihrem Mund schmeckte köstlich.

Die Buchpräsentation war ein rauschendes Fest. Kompositionen des gefeierten Kochs wurden auf kleinen Tellerchen gereicht. Stella verkostete eben das "Tartare von Blutwurst und Zuckermelone mit Balsamico Trauerrand" als sie ihren Namen hörte. "Ohne meine Frau wäre dieses Buch wohl kaum zustande gekommen", erklärte Daniel soeben. Er, der Koch und die vielen Gäste blickten in ihre Richtung. Sie errötete. Irgendwann putzte sie sich mit einem Zahnstocher verstohlen die Nägel. Sie hatte das kleine Schwarze an, High Heels und kein Höschen. "Tartare von Blutwurst und Zuckermelone mit Balsamico Trauerrand" – wie war er bloß darauf gekommen?
1271 mal erzählt

30
Mai
2007

Zuckermelonen (4)

Daniel war hocherfreut, dass sie den Kontakt zum genialen Koch gehalten hatte. Sie könne ja schon einmal mit den Vorbereitungen zum neuen Buch beginnen, meinte er. Man habe ihn eben in den Piemont eingeladen – die Trüffelsaison. Gemeinsam suchten sie das kleine Lokal auf, um das Besprochene zu vereinbaren. Sie würde sich durch die Speisekarte kosten und Rezepte für das Buch auswählen. "So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe", erklärte der Mann: "Du wirst verwöhnt und das Buchprojekt geht voran." Ihr war nicht ganz wohl bei diesem Gedanken. Sie würde gerne an dem kleine Tisch in der Küche Platz nehmen, bat sie den Koch an diesem Abend, so könne sie ihm besser auf die Finger schauen und wenn möglich zur Hand gehen. Daniel war begeistert. Der Koch auch - bis er ihr auf die Finger schaute. Das Buchprojekt lag ihm am Herzen – so eitel war er – und er stimmte zu.

Als sie in der Woche darauf zu ihrem ersten "Küchendienst" erschien, fühlte sie sich vor allem im Weg. Er ließ ihre Unterstützung nicht zu, so sehr sie sich auch erbot "niedere Dienste" zu leisten und so oft sie auch beteuerte "Weltmeisterin im Zwiebelschneiden zu sein". Er hatte hygienische Bedenken und die Melonen belasteten ihn. Beim Grappa danach war alles wieder gut. Erst am vierten Abend, als sie ihre Hilfe fast schon zu hartnäckig aufdrängte, fasste er sich ein Herz. "Ich habe da so eine Tick", gestand er, so wie er schon einiges bei ihren gemeinsamen Besäufnissen gestanden hatte: "Zwangsneurose: Sauberkeit." Er schaute auf ihre Hände, sie errötete. Stella erwiderte seinen Blick nervös, verwirrt... schuldbewusst? Wortlos nahm er sie am Arme, führt sie zum Waschbecken, umfing sie von hinten und wusch ihre Hände, mit einer Nagelbürste schrubbte er ihre Nägel sauber. Er spürte die Zuckermelonen auf seinen Oberarmen. Sie berauschte ihn. Sie spürte seinen Schwanz in ihrem Rücken. Sie lösten sich voneinander und arbeiteten schweigend zusammen. Im heißen Küchendunst hackte sie Zwiebel und er kochte sich seine Geilheit aus dem Leib.
575 mal erzählt

29
Mai
2007

Zuckermelonen (3)

Nichts desto trotz saß sie nur zwei Tage später wieder in dem kleinen, feinen Lokal. Daniel war auf einer Weinreise – sie war hungrig und für sich alleine zu kochen, freute sie nicht. Er würde mit dem Koch ein Kochbuch schreiben, hatten sie in jener alkoholgeschwängerten Nacht vereinbart. Es gab also eine Art Partnerschaft zwischen ihm und ihnen – oder vielmehr Daniel, aber war das so wichtig? Die meisten seiner Bücher hatte sie mitverfasst. Das musste niemand wissen. Sie waren ein Team. Sie fand also nichts dabei kurz in die Küche zu schauen, "Hallo" zu sagen und um ein Überraschungsmenü zu bitten: "Nicht zu viel und was du gerade da hast – und kochen magst." Man duzte sich nach all den gemeinsamen Grappas.

Karl, der schwule Kellner, hatte ihm gleich berichtete, dass sie da war. Karl kannte seinen Geschmack – auch wenn er selbst für diese Art von Frücht(ch)en keine Verwendung hatte. Er wusste nicht, ob es ihm recht war, dass sie so bald wieder gekommen war – und noch dazu alleine. Zur Vorspeise servierte er Salat mit roten Linsen und Pulpo – zu gerne hätte er sich an ihr festgesaugt. Zur Hauptspeise ein Steak – blutig, wie ihr Beruf. Zum Dessert feine Chilischoten mit edler Bitterschokolade überzogen – scharf und süß zugleich. Sie hatte die Botschaft wohl verstanden, denn als er um Mitternacht aus der Küche kam, war sie noch da. Gemeinsam tranken leerten sie die Flasche Pinot Noir, die sie zielsicher bestellt hatte. Er wollte sie einladen, sie bestand darauf wenigstens das Essen zu zahlen.

Sie lachten viel und führten Seelenverwandschaftsgespräche – über den Wein, das Buch, Bücher, Musik, Filme. Sie tranken Grappa und die Zuckermelonen riefen nach ihm. Die Fingernägel aber, mit ihrem Trauerrand, verhinderten das Schlimmste. Er bat sie wiederzukommen, Menüs auszuprobieren – für das Kochbuch, für Daniel. Als Karl sie allein ließ, grinste er dreckig.
Sie kam wieder, nicht am ersten, nicht am zweiten, aber am dritten Tag. Spät erst, wie beim letzten Mal. Er kochte Flusskrebse und Kalbsnieren und ein Souffle – aufgeblasen und riskant, wie die sich anbahnende Affäre. Als sie dann nach Lokalschluss wieder miteinander tranken, glaubte er den Duft der Zuckermelonen so deutlich wie nie zuvor wahr zu nehmen. Nur ein Blick auf ihre dreckigen Nägel, rettete ihn, bevor ihm die Sinne schwanden.
563 mal erzählt

27
Mai
2007

Zuckermelonen (2)

Er war nur kurz in den Speiseraum gekommen. Hans, sein Geschäftspartner, wollte ihm Daniel, ihren Partner, einen Gourmetjournalisten, vorstellen. "Und das ist Stella", sagte der und Stellas Blick hatte etwas von Erdbeeren mit grünem Pfeffer. "Freut mich, hoffe, Sie fühlen sich bei uns wohl", sagte er zu den Zuckermelonen in dem schwarzen Body. "Ich bin mir fast sicher, dass das so sein wird", antwortete sie lächelnd. Sie bestellte. Geschickt hatte sie die Leckerbissen auf der Karte gefunden. Er zuckte unmerklich zusammen, als er ihre Nägel sah.

Erst beim dritten Grappa, registrierte sie die hungrigen Blicke des Koches, der sich beim Dessert zu ihnen gesellt hatte. Sie genoss die Beachtung, denn Daniel schenkte schon längst einer guten Flasche Wein oder einem ausgeklügelten Menü mehr Leidenschaft als seiner Partnerin. In den 14 Jahren ihrer Beziehung war Eros ein wenig eingenickt. Geblieben war die gemeinsame Liebe zu feinem Essen und gutem Alkohol – Wein, Whiskey und Wodka. Dabei konnten sie, als sie sich damals beim Kleinformat kennen lernten, kaum die Finger voneinander lassen. Sie waren schon ein eigenartiges Paar: der Lebemann von der Restaurantseite und die Polizeireporterin. "Bürofick bringt Unglück", hatte der Sportreporter geätzt und auch der Chefredakteur drückte der aufkeimenden Beziehung sein tiefstes Misstrauen aus. Aber das war lange her. Längst hatte Daniel Karriere abseits vom Tageszeitungsjournalismus gemacht und regierte souverän über Gedeih und Verderb von Köchen und Winzern. Stella schrieb immer noch über Mord und Totschlag – mittlerweile aber in Magazinformat.

Sie tranken noch mehrere Schnäpse in dieser Nacht und am nächsten Tag wusste sie wieder einmal nicht, wie sie nach Hause gekommen waren und was genau noch passiert war. Als sie mit schmerzendem Schädel erwachte, erinnerte sie sich aber an die hungrigen Blicke des Kochs. Wie genau sie darauf reagiert hatte, war ihr entfallen. Inbrünstig hoffte sie, nichts getan zu haben, was ihr peinlich sein müsste. Denn obwohl Stella fähig war, die Nachbarn von Mordopfern über intimste Details auszuhorchen, verfügte sie über ein ausgeprägtes Schamgefühl, wann immer sie "privat" unterwegs war.
571 mal erzählt

25
Mai
2007

Zuckermelonen

"Zuckermelonen", war sein erster Gedanke, als sein Blick über ihre Brüste wanderte. Es war seine ganz eigene Art von Perversion, Frauenbrüste mit Früchten zu vergleichen - auch Feldfrüchte, um Hokkaido-Kürbisse, Auberginen oder Zwiebeln nicht auszuschließen - und von diesen Früchten aus auf den Geschmack zwischen ihren Beinen zu schließen. Dann erst sah er den Schmutz unter ihren Fingernägeln - und die Nägel. das war seine zweite Perversion - wenn man so davon sprechen wollte. Manchmal machte er das ja. Die meiste Zeit aber kultivierte er seine Verschrobenheit. Das eine oder andere Mal hat er sie einzeln oder zusammen im Freundeskreis gebeichtet. Drei, vier Freundinnen hatte er davon erzählt: Lisa der Psychologin und Diana der Nagelstudio-Betreiberin. Die Fruchtgeschichte hinge wohl auch damit zusammen, dass er Koch sei, meinte Lisa und Diana, die Esoterikerin, ließ in der Nacht seines Geständnisses die Wolfsfrau aus sich heraus. Sein Rücken heilte Wochen nicht und den ganzen Urlaub über musste er sich die blöden Witze seiner Freunde anhören.

Er liebte Zuckermelonen. Er mochte sie, weil sie sich so gut mit Prosciutto kombinieren ließen, mit rosa Pfeffer oder Aceto Balsamico. Auch Zuckermelonen-Frauen liebte er. Man konnte Spaß mit ihnen haben, schlimme Dinge tun, sie waren nie zu süß und immer ein wenig pikant.Trotz ihres ausgeprägten Eigengeschmackes verziehen sie eine Menge. Zwischen den Beinen einer Zuckermelonenfrau hatte er seine berühmteste Vorspeise ersonnen: Gegrillter Sepia gefüllt mit Zuckermelonenchutney.
Aber die Fingernägel.
1159 mal erzählt

26
Apr
2007

Irish Setter (7. und letzter Teil)

Eva war drei, vier Tage zu ihren Eltern gefahren. Das machte sie regelmäßig. Sheila nahm sie mit. Ihre Eltern liebten Sheila. Charly blieb zu Hause. Eltern mögen keine Gitarrengötter – schon gar nicht als den Mann im Leben der einzigen Tochter. Der erste Tag war schön. Der zweite auch. Der dritte war mühsam. Da ging es um Charly. Und um sie. Dass sie nichts aus ihren Talenten mache. Und zu wenig aus ihrer Ausbildung. Dass er ihr nur auf der Tasche läge. Dass Gitarrist kein Beruf sei und er wohl kein Star mehr würde. Dass sie kein Teenager mehr sei. Dass er sie wahrscheinlich betröge. Noch mehr weh als all diese Anschuldigungen tat das Echo, das sie in Eva erzeugten. Da fuhr sie heim.
Der Parkplatz war ideal. Schräg gegenüber von ihrem Haus. Während sie ihre Sachen zusammenraffte und die winselnde Sheila an die Leine legte, sah sie Gretel aus dem Haus kommen. Sie stieg aus. Und Gretel sah Eva. Die beiden Frauen gingen aufeinander zu. Eva fühlt sich wie auf einer dieser gigantischen Hängebrücken, die sie in Dokumentationen über die Anden gesehen hatte. Schwankend doch ohne Ausweg. Dann standen sie sich gegenüber, ganz nah. Sie schauten sich noch immer in die Augen. Eva nahm Gretels Duft wahr. Sie roch nach Sex. Vertraut. Sie spürte die Wärme des Mädchens. Wie wenn sich der Körper ihr entgegenwölben würde – nur Duft und Wärme. Und Sex. Dann sah sie Gretels Lippen. Sie küssten sich. Erst mitten im Kuss, nahmen sie sich in die Arme. Der Kuss war so anders als all die Männerküsse bisher. Er war so weich, feucht und warm. Die Zungen tanzten einen zärtlichen Tanz miteinander. Erkundeten den Mund der anderen. Er schmeckte süß. Und Eva glaubte auch ein wenig Charly heraus zu schmecken. Die Hände gingen ihre eigenen Wege. Über den Kopf, das weiche Haar, den durchgebogenen Rücken nach vor zur Brust, zur Weiblichkeit. Oft wog Eva ihren eigenen Busen in ihrer Hand, heimlich und unbemerkt. Jetzt wog sie den der anderen. Gut fühlte er sich an. Rund und fest, nicht mehr als eine Handvoll und doch angenehm schwer. Sie waren hungrig aufeinander. Kurz lösten sie sich voneinander. Vorsichtig begegneten sich die Blicke. Sie lächelten, sie lachten. Sie küssten sich weiter. Unendlich lang. Sheila bellte, kratzte am Autofenster. Da trennten sie sich schließlich. Sanft strichen sie sich gegenseitig übers Haar. Es gab keine Worte. Gretel ging in Richtung Bushaltestelle. Eva holte ihre Sachen aus dem Auto. Gretel drehte sich um. Eva schaute ihr nach.
Wenig später ging Eva nach Wien. Nach der Matura verlies auch Gretel die Kleinstadt. Charly und Sheila zogen weiter gemeinsam durch die Lokale.
Er wusch ihre Haare noch lange mit Evas Henna-Spülung.
634 mal erzählt

25
Apr
2007

Irish Setter (6.Teil)

Gretel begann mit anderen zu schlafen. Sie wollte Charlys Spuren auslöschen, sie wollte seine Berührungen mit anderen Berührungen überdecken, ihn verlernen, sie wollte Sex und Liebe oder Sex und Charly trennen. Und so erhörte sie Franz, den Fotografen, Karl ,den Dichter, zwei, drei Buben aus ihrer Schule und einen aus dem Wohnblock, Gleichalte, Ältere, sogar Jüngere. Ihren Klassenvorstand, Professor Huber, erhörte sie nicht. Irgendwann schlief sie auch mit Tom, dem Schlagzeuger, und irgendwann sogar mit Robert, Charlys kleinem Bruder. Mit beiden ein bisschen gegen Charly und sehr viel wegen Charly. Sex machte ihr Spaß. Es bereitete ihr Freude, ihnen Freude zu bereiten. Ihre Hände, ihr Mund, ihre Beine – stolz war sie auf Charlys Schüler, ihren Körper und sein Werk. Sie mochte den Rausch der Berührungen, die Geruchsopern, die sprachlosen Geräusche. Und sie liebte die Macht, die ihr all das gab. Sie konnte Sex und Liebe trennen. Sex gab es immer, die Liebe nur in den Songs, die sie sang und in ihrem Tagebuch. Manchmal glaubte sie, vielleicht ein wenig zu lieben - einen anderen als ihn, aber dann kehrte ihr Herz reumütig wieder zurück. Sie schlief mit vielen und neben niemandem. Sie fühlte sich rein und schmutzig zugleich. Und so erfüllte sie Träume. Ein verhurtes Gretchen nannte sie Karl, der Dichter, seine Marilyn Franz, der Fotograf, Faithfull war sie für Tom und was ganz Besonderes für Robert. Für Professor Huber war sie ein kleines Luder, eine böse Versuchung und doch unerreichbar. Gretel war sie selten – nicht einmal für sich.
Und wann immer Charly es wollte, schlief sie mit ihm.
579 mal erzählt

24
Apr
2007

Irish Setter (5.Teil)

Alles war anders am nächsten Tag am See. Vielleicht meinten sie das, wenn sie in den Büchern von verlorener Unschuld schrieben. Sie hatten es hinter sich und gingen anders miteinander um. Es war noch immer aufregend aber eben anders. Nur Sheila knurrte wie immer. Nach diesem Tag am See war Gretel klar, dass sie kein Paar waren. Ihm konnte sie keinen Vorwurf machen, sie hatte es gewollt. Und es war ihr klar, dass sie trotzdem weiter mit Charly schlafen wollte. Und sie schliefen miteinander. Unten im dunklen Proberaum, dort, wo die eifersüchtige Hündin nicht hin durfte. Irgendwann einmal sang Gretel auch und Charly war fasziniert von ihrer Stimme. Er nahm sie in die Band auf und sie schliefen seltener miteinander. Es wäre nicht OK gewesen – wegen der Band. Sie wusste nicht, ob sie wussten, was gewesen war. Aber niemand hätte das Thema angesprochen. Tom der Schlagzeuger, erzählte ihr von Eva und Gretel erinnerte sich an jenen Abend, als sie Eva zum ersten Mal gesehen hatte – das war vorher. Sie hätte es wissen können oder vielleicht wissen müssen. Vielleicht hatte sie es gewusst. Manchmal sah sie Eva in der Stadt, im Kaffeehaus, vor dem Programmkino, in der Vinothek. Oft mit Sheila, nie mit Charly. Und immer begegneten sich ihre Augen. Gretels Blick saugte sich an Evas Dunkel fest. Die andere war so Frau, so stark und was war sie? Gretel wusste nicht, ob Eva von ihr wusste. Immer mischte sich ein wenig Scham in diese Begegnungen. Weiche Knie. Als sie in der Band zu singen begann, gaben sie sich einmal die Hand. Beide taten so, als würden sie sich zum ersten Mal sehen. "Schöne Stimme", lächelte Eva. "Danke." Gretel floh bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in die andere Ecke des Raums. Nur ihr Blick kehrte immer wieder zu Eva zurück. Sie war froh, als sie ging. Später, viel, viel später, fing Charly sie am finsteren Gang ab. In dieser Sommernacht liebten sie sich im Freien. Ganz wild und hungrig und irgendwie zu dritt. "Sie mag dich", sagte Charly nachher, als sie rauchten. "Ach?" Das war das einzige Mal, dass sie über Eva sprachen.
550 mal erzählt

22
Apr
2007

Irish Setter (4.Teil)

Es tat ein wenig weh und die Flecken auf der Matratze waren ihr peinlich. "Ich mach das schon", erklärte Charly. Gretel war froh, dass er ein Kondom benutzt hatte. Und sie war froh, dass es vorbei war. Mit einem Papiertaschentusch wischte sie sich zwischen den Beinen sauber. Dann zog sie sich wieder an. Es war kühl geworden. Das erste Mal sei nicht sehr aufregend, stand in den vielen Büchern, die sie gelesen hatte. "Allein sie hatten schrecklich viel gelesen" – auch das hatte sie irgendwo gelesen. Es war aufregend gewesen. Aber jetzt war es eigenartig. Er war eigenartig. Und sie war sich nicht sicher, ob sie jemals vorsingen würde. Sie war sich sicher, dass sie das wieder wollte. Sonst war gar nichts sicher. Es war anders als in Büchern, zumindest jetzt, nachher. Ihm konnte sie keinen Vorwurf machen, sie hatte es ja so gewollt. "Season of the witch" sang die Platte. "Julie Driscoll, Brian Auger and the Trinity", beantwortete er ihre nicht gestellte Frage: "Eine Super-Sängerin." Schon wieder dieses Grinsen. "Noch Wein?" Gretel nickte. Sie sprachen über Musik. Sonst hätte sie auch über nichts sprechen wollen. Irgendwann ging sie – der letzte Bus. Sie hatte ihren Eltern versprochen, den letzten Bus zu nehmen. Charly küsste sie noch einmal zärtlich, er strich ihr die Haare aus dem Gesicht. "Ist schon OK", sagte er und: "Morgen am See?" Sie hatte einen Frosch im Hals und ein Ziehen zwischen ihren Beinen.
587 mal erzählt
logo

Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

Du bist nicht angemeldet.

Im Bilde

shot_1292323277172

Soundtrack

Aktuelle Beiträge

Gruß nach drüben
Der Vater - der großartige Walter Deutsch ist am 13....
katiza - 18. Feb, 16:53
Wenn ich schon geahnt...
dass ich an jenem Zuhause angekommen bin. Ich liebe...
katiza - 22. Feb, 15:42
Nach dem Text fürn Wolf...
Nach dem Text fürn Wolf musste ich schnell diesen nochmal...
viennacat - 14. Aug, 18:30
Danke für Worte die nur...
Danke für Worte die nur von Dir sein können ...
viennacat - 14. Aug, 18:27
Soooo schön und berührend....
Soooo schön und berührend. Danke!
testsiegerin - 14. Aug, 15:07

Es war einmal…

Gezählt

Meine Kommentare

Gruß nach drüben
Der Vater - der großartige Walter Deutsch ist am 13....
katiza - 18. Feb, 16:53
Wenn ich schon geahnt...
dass ich an jenem Zuhause angekommen bin. Ich liebe...
katiza - 22. Feb, 15:42
Alle Kraft für ihn!
Alle Kraft für ihn!
froggblog - 10. Sep, 11:46
.
.
datja - 18. Jul, 18:34
Lieber Yogi, ein bisschen...
Lieber Yogi, ein bisschen frivol der Geburtstagsgruß...und...
datja - 5. Jul, 14:19

Meins

Creative Commons License
Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.

Augenblicke

www.flickr.com
Dies ist ein Flickr Modul mit Elementen aus dem Album Ausatmen. Ihr eigenes Modul können Sie hier erstellen.

Suche

 

Status

Online seit 6829 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Feb, 16:53

Credits

kostenloser Counter




...und wartet...
*.txt
An- und Verkündigungen
Augenblicke
Aus dem Schatzkästchen der Mock Turtle
Bilanz
Cinematograph
Der Salon der Turtle
Freitagsfrüchte
Fundstücke
Homestory
In Reaktion
Journal November 2010
La Chanson
Lebens-Wert
Logbuch
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren

kostenloser Counter